Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

b)Erleichterungen bei gerichtlicher Schreibarbeit? Verschiedene Erleichterungen bei der gerichtlichen Schreibarbeit waren angeregt worden, um den Arbeitsaufwand des Gerichts dadurch zu ver- ringern. Es wurde vorgeschlagen, dass ein eigener 
Urteilstatbestand entfal- len solle. An den Beratungen am Appellationsgericht fand dies jedoch keine Zustimmung, da der Urteilstatbestand der Gründlichkeit und pro- funden Auseinandersetzung des Gerichts mit dem Prozessstoff diene, der ansonsten ungeordnet bliebe; gerade im Hinblick auf die Rechtsmit- telinstanzen sei ein wohlgeordneter Prozessstoff aber unentbehrlich. Stattdessen wurde dem Gericht erlaubt, sich im Urteilstatbestand auf die Akten zu beziehen, wie es auch in der in Österreich bevorstehenden Gerichtsentlastungsnovelle einzuführen beabsichtigt war.148 Die Anregung, von der 
Unterschrift der Parteien im Verhand- lungsprotokoll abzusehen, wurde in den Beratungen am Appellations- gericht verworfen. Die volle Beweiskraft der Protokolle, die für die Rechtsmittelinstanzen vorausgesetzt werden müsse, erfordere die Unterschriften der Parteien.149 Das Gericht in der Zivilprozessordnung generell dazu zu ermäch- tigen, bei Bedarf dem Beklagten die Einreichung eines 
vorbereitenden Schriftsatzes mit seinen Einwendungen gegen die Klage aufzuerlegen, wurde verworfen. Wie in § 257 Abs. 4 FL-ZPO im Entwurf festgehalten sei, sei dies nur im Falle, dass beide Parteien anwaltlich vertreten seien, gerechtfertigt und sinnvoll. Insgesamt wurde im Protokoll der Beratun- gen am Appellationsgericht festgestellt, dass der Walker’sche Entwurf umsichtig und zweckmässig «den Wechsel vorbereitender Schriftsätze nicht begünstigt. Derartige Schriftsätze fördern in aller Regel die Durch- führung des Prozesses nicht.»150 Sie bewirkten vielmehr vor allem dessen Verschleppung und Verteuerung. Dabei wurde als Beleg auf einen vor kurzem ergangenen Erlass des österreichischen Justizministeriums gegen Missbräuche im Zivilprozess verwiesen und daraus sogar eine Pas- 389 
II. Erstberatung Appellationsgericht 1911 148Zum vorangehenden Absatz LI LA RE 1911/1390, Protokoll Appellationsgericht, 6. November 1911, S.2. 149Zum vorangehenden Absatz LI LA RE 1911/1390, Protokoll Appellationsgericht, 6. November 1911, S.3. 150LI LA RE 1911/1390, Protokoll Appellationsgericht, 6. November 1911, S.3.
	        

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