Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

war die anwaltlich nicht vertretene Partei imstande, ihre Vorbringen auf diese Weise zu tätigen, ohne einen Nachteil daraus zu erleiden, dass sie eben keinen Anwalt beizog. Die Kosten eines Anwaltes und dessen Bezahlung für die Erstellung von Schriftsätzen fielen somit nicht mehr an, weil sie nicht mehr zwingend nötig waren. Dass hiermit zudem einer Usanz der weitläufigen und umfangreichen Schriftsätze, wie sie unter der liechtensteinischen Allgemeinen Gerichtsordnung geherrscht hatte, entgegengewirkt wurde, war ein zusätzlicher prozessökonomischer Gewinn auf Seiten des Gerichts, da der entsprechende Sichtungs- und Bearbeitungsaufwand solcher Schriftsätze dahinfiel. Mangels Anwaltszwanges musste die liechtensteinische Zivilpro- zessordnung im Grundsatz «mit der Unmöglichkeit einer genügenden schriftlichen Vorbereitung der Verhandlung rechnen.»75Namentlich eine Klagebeantwortung in Schriftform musste demnach entfallen. Daher hatte das Landgericht, falls es an der ersten Tagsatzung mangels Ver- zichts, Anerkenntnisses oder Klagerückzuges nicht zu einer Erledigung kam, eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung anzusetzen (später § 254 FL-ZPO), ohne dass der vorgängige Austausch von (wei- teren) Schriftsätzen angeordnet wurde oder nötig war.76 d)Erste Tagsatzung für Verhandlung Für Fälle mit Streitwert über 1000 Kronen musste eine erste Tagsatzung abgehalten werden (später § 246 FL-ZPO), welche, wie von Franz Klein beabsichtigt,77 den prozessökonomischen Zweck der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung verfolgte, sofern sich eine solche überhaupt noch als nötig erwies. Bei Streitwerten unterhalb der Grenze von 1000 Kronen konnte das Gericht nach seinem Ermessen entweder eine erste Tagsatzung oder unmittelbar die Tagsatzung zur mündlichen Verhand- lung ansetzen. Das sorgte für Fälle von derart tieferen Streitwerten, bei denen in der Regel und vermutungsweise weniger komplizierter und we- niger umfangreicher Prozessstoff vorlag,78 möglichst für Konzentration 373 
I. Gesetzesentwürfe Walker 1911 75LI LA RE 1912/114, Walker, Gesetzentwürfe, 1911, S.211. 76Zum vorangehenden Absatz LI LA RE 1912/114, Walker, Gesetzentwürfe, 1911, S.211f.Siehe GMG-Komm. FL-ZPO, §  254 N. 1. 77Siehe oben unter §  4/I./4. 78Siehe kritisch zu diesem Schluss oben unter §  4/II./1.
	        

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