Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

präventive Abschreckung, nicht jedoch um finanzielle Wiedergutma- chung erlittenen prozessualen Unrechts infolge der Verletzung der Pro- zessökonomie. 4.Ergebnis Angesichts des rechtspolitischen Zweckes und der neuen Vorschriften lassen sich die 
Missstände im liechtensteinischen Zivilprozess, die in der Novellierung der liechtensteinischen Allgemeinen Gerichtsordnung angegangen wurden, im Groben als die folgenden rekonstruieren: (1) das Erfordernis formalisierter, ausdrücklicher Erwiderungen gegen Tatsa- chenvorbringen, vor allem in Verbindung mit der (2) gesetzlichen Fik- tion, unerwiderte Tatsachenbehauptungen gälten als zugestanden und damit als formell wahr. Daraus resultierte (3) allgemein die überflüssige Weitläufigkeit in Wort und Schrift bei parteiseitigen Vorbringen sowie (4) das Fehlen prozessualer Handhaben seitens des Gerichts gegen sol- che Verstösse gegen die Prozessökonomie. Was verursachte bzw. wer verschuldete, und vor allem wie, die pro- zessökonomischen Missstände nach der Ansicht, die in der Novellierung zum Ausdruck kam? Die 
Ursache wurde zum einen Teil den Bestim- mungen der liechtensteinischen Allgemeinen Gerichtsordnung angelas- tet, da sie derart umfangreiche parteiseitige Vorbringen geboten oder zumindest erlaubten. Hieraus ergab sich implizit zum anderen Teil 
die Verantwortlichkeit in erster Linie der Rechtsvertreter, in zweiter Linie der Parteien: Die forensische Praxis, umfangreiche Schriftsätze mit über- flüssigen Anbringungen eventualiter einzureichen, dürfte aus der Nach- lässigkeit der Bestimmungen resultiert haben, die die Rechtsvertreter ausnutzten. Das Gericht hingegen, zumal die Novellierung sich ihm gegenüber nicht zu Schritten genötigt zeigte, scheint demnach aus dama- liger Sicht an den Mängeln keine Schuld getragen zu haben. Im Gegen- teil waren dessen Hände angesichts der Normen der liechtensteinischen Allgemeinen Gerichtsordnung gebunden und mangels prozessualer Handhabe gegen die Missstände war es diesbezüglich zum unbehagli- chen Untätigbleiben verurteilt. Die Vorkehrungen der Novellierung, die gegen die genannten Missstände Abhilfe schaffen sollten, wurden im Sinne 
prozessökonomi- scher Mechanismen ausgestaltet. Da die Verfahrensordnung als vorwie- 305 
I. Änderung Allgemeine Gerichtsordnung 1906
	        

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