Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

(1) ihnen ausdrücklich widersprechen oder (2) sie ausdrücklich zugeste- hen oder passiv bleiben und (3) nichts auf sie erwidern. (1) 
Bestritt eine Partei bzw. der Beklagte eine Tatsachenbehauptung der Gegenpartei bzw. des Klägers ausdrücklich, so war infolge des Widerspruchs keine der beiden Behauptungen von vornherein als wahr zu erachten («widrigens ist bei der Erledigung des Prozesses dasselbe, insoweit es von dem Gegenteile widersprochen worden ist, für wahr nicht zu halten»). Diesfalls traf die Behauptenden die jeweilige Beweis- last ihres tatsächlichen Vorbringens und dementsprechend je nach erbrachtem, gelingendem oder ausbleibendem Beweis fiel die gerichtli- che Beurteilung der jeweiligen Behauptung als wahr oder unwahr aus. (2) Wurde eine Tatsachenbehauptung einer Partei von Seiten der Gegenpartei 
ausdrücklich zugestanden, so war hierfür – als Ausnahme von der grundsätzlichen Beweispflicht für behauptete Tatsachen – kein Beweis erforderlich und das Gericht hatte sie ohne Weiteres für wahr zu halten. Diese Ausnahme wurde in den §§ 11 und 104 FL-AGO nicht festgehalten, ergab sich jedoch e contrario aus den Normwortlauten und folgte auch aus der Logik der beiden Bestimmungen. (3) 
Erwiderte die Gegenpartei nichts auf ein bestimmtes tatsächli- ches Vorbringen der Partei, lag die schwierigste der drei möglichen Vari- anten vor, da es an einer ausdrücklichen Willenserklärung fehlte. Eine fehlende Erwiderung konnte ja entweder ein stillschweigendes Zuge- ständnis oder einen (bloss) stillschweigenden Widerspruch bedeuten. Obwohl § 5 FL-AGO vom Beklagten eine ausdrückliche Erwiderung auf sämtliche Tatsachenvorbringen in der Klage forderte,26 konnten den- noch mitunter Erwiderungen zu einzelnen Behauptungen fehlen, wodurch sich Zweifel ergaben. Solchen Zweifeln begegnete die liechten- steinische Allgemeine Gerichtsordnung, indem sie jedes Verhalten, das nicht eine ausdrückliche Willenserklärung im Sinne von Widerspruch oder Zugeständnis war, als keine rechtsrelevante und mithin als fehlende Erwiderung qualifizierte. Und eine fehlende Erwiderung 
galt gemäss der liechtensteinischen Allgemeinen Gerichtsordnung als Zugeständnis («Würde ein Teil einige Umstände des Factums, welche der Gegner für sich angeführt hat, in der darauffolgenden Rede nicht ausdrücklich, und zwar insbesondere widersprechen, so wären solche bei Erledigung des 298§ 
7 Beginn Justizreform 1906 bis 1908 26Siehe oben unter §  7/I./3./a)/aa).
	        

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