Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

Dass die beiden neuen Vorschriften von ihren zwei Vorgängerinnen abwichen, lässt sich auf den ersten Blick sehen. Worin sie sich jedoch genau unterschieden und noch vielmehr wie die Systematik und Kohä- renz der zwei neuen Vorschriften gestaltet war, bedarf hingegen einiger vernetzender Überlegungen, denn legistisch gesehen waren sie in Auf- bau und Wortlaut etwas unglücklich, weil verwirrlich geraten. Löst man die verschachtelten Sätze auf, wendet die (verneinten, expliziten) Aus- nahmen in die (bejahten, impliziten) Grundsätze und ergänzt sie gegen- seitig und bringt schliesslich all das in eine logische Reihenfolge, ergibt sich insgesamt aber sehr wohl ein stimmiges 
System. bb) Unerwiderte Tatsachenvorbringen aaa)Alte Regelung: Zugeständnis fingiert Die §§ 11 und 104 FL-AGO hatten festgelegt, dass grundsätzlich aus Tatsachenbehauptungen eine Beweispflicht folgt, demnach die Partei, die Tatsachen behauptete, für diese beweispflichtig war («Wer ein Factum angeführt hat, er sei Kläger oder Beklagter, der ist schuldig, es zu erwei- sen»). Naturgemäss kann der Beklagte auf klägerseitige Tatsachenbe- hauptungen in der Klage in dreifacher Weise reagieren: Er kann aktiv 297 
I. Änderung Allgemeine Gerichtsordnung 
1906 § 104 FL-AGO Wer ein Factum angeführt hat, er sei Kläger oder Beklagter, der ist schul- dig, es zu erweisen; widrigens ist bei der Erledigung des Prozesses das- selbe, insoweit es von dem Gegen- teile widersprochen worden ist, für wahr nicht zu halten.LGBl. 
1907 Nr. 1 4. Die von einer Prozesspartei be- haupteten Tatsachen, welche von dem Prozessgegner weder aus- drücklich noch stillschweigend zu- gestanden wurden, sind – abgesehen von dem Falle der Offenkundigkeit derselben bei dem Gericht – von dem Behauptenden zu erweisen, wenn sie als Grundlage der Ent- scheidung dienen sollen. Eine aus- drückliche und besondere Wider- sprechung der einzelnen, von der Gegenseite behaupteten Tatum- stände ist zur Begründung der Be- weispflicht nicht erforderlich und daher als 
überflüssigzu vermeiden.
	        

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