Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

könnte.59 Falls der Vorschlag der Vermittlerämter vom Landesfürsten nicht als sinnvoll erachtet würde,60 wäre eventualiter um die Anstellung eines zweiten Landrichters – ein «Gegenstand, der den Landtag [künftig, E. S.] wiederholt beschäftigte»61 – zu bitten.62 Der Abgeordnete Wanger, der den Antrag auf eine solche Petition gestellt hatte, hatte ihn dadurch begründet, «daß unter der Bevölkerung allgemein Stimmen nach einer 
Justizreform rege geworden sind, und daß der Landtag [... diesbezüglich, E. S.] einzuschreiten habe.»63 Die zu - grunde liegende Überlegung war, dass eine (auch infolge mangelnder Prozessökonomie der Verfahrensordnungen) überlastete Justiz keinen genügenden staatlichen Rechtsschutz zur Verfügung stellen könne, was zulasten der rechtsuchenden Bevölkerung gehe und dem Vertrauen in die Rechtsordnung schade.64 Am 16. Juli 1887 lag der im Sinne des Antrages formulierte Petiti- onstext im Landtag vor und wurde wiederum einstimmig angenommen und die Übermittlung an den Landesfürsten beschlossen.65 Demzufolge wurde der Gedanke einer liechtensteinischen Justizreform, wie sie in den Jahren 1906 bis 1915 stattfinden würde, erstmals ausdrücklich und mit konkreten Mitteln und Zielen im Landtag 1887 dokumentiert. Auch der konkrete66 Vorschlag, in Liechtenstein Vermittlerämter einzurichten, stammte aus diesem Jahr und wurde also erstaunlicherweise von Anfang an in einem Atemzug mit der Justizreform zusammen genannt. Die massgebende Bedeutung der Prozessökonomie bei einer solchen Reform zeichnete sich schon zu diesem Zeitpunkt bei allen vorgebrachten Anlie- 283 
I. Entwicklungen 59Zur Rechtsgeschichte der Vermittlerämter in Liechtenstein siehe Ospelt, Laienrich- tertum, S.72f. 60Die Gegenargumente wurden zusammengefasst in L. Vo. vom 29. Juli 1887, S.1. 61Schädler, 1873–1889, S.87 Fn. 1. 62Zum vorangehenden Absatz Schädler, 1873–1889, S.87; L. Vo. vom 15. Juli 1887, S.2; L. Vo. vom 29. Juli 1887, S.1. Vgl. Lindt, Gerichtsverfassung, S.168. 63L. Vo. vom 15. Juli 1887, S.2, Hervorhebung E. S. 64Vgl. L. Vo. vom 29. Juli 1887, S.1. 65L. Vo. vom 29. Juli 1887, S.1. 66Die Bemerkungen im L. Vo. vom 29. Juli 1887, S.1, lassen vermuten, dass die Ein- führung von Vermittlerämtern in Liechtenstein schon früher – allerdings unver- bindlich und hypothetisch – diskutiert worden war, so zum Beispiel 1884 im Land- tag (Büchel, Vermittler, S.1008). 1887 handelte es sich demgegenüber um eine kon- krete und zweckbezogene, verschriftlichte, argumentierende Anregung.
	        

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