Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

7.1883: Rezeption Bagatellverfahren; kein zweiter Landrichter Für Prozesse mit Streitwert unter 30 fl (gegenüber 50 fl in Österreich) wurde mit dem Gesetz vom 27. April 1873 betreffend die Einführung des 
Bagatellverfahrens in Rechtsstreitigkeiten40 ein besonderes, rasches und einfaches Verfahren eingeführt.41 «Abgesehen von der 
Vereinfa- chung und 
rascheren Abwicklung kleinerer Rechtsstreitigkeiten wurde mit dem neuen Verfahren auch eine wünschenswerte 
Erleichterung der Geschäfte bei dem Landgerichte erzielt.»42 Das Bagatellverfahren für geringe Streitwerte wirkte einerseits insofern prozessökonomisch, als es das Verfahren vereinfachte und entformalisierte sowie es dadurch schneller machte. Damit beschritt man den herkömmlichen Weg hin zur zivilprozessualen Prozessökonomie, nämlich über die Verbesserung und Ergänzung der 
Verfahrensordnung und Änderung des Verfahrens an sich. Andererseits sollte, so die ratio legis, das Bagatellverfahrenals besondere Verfahrensart dem Landgericht aber auch ermöglichen, den steigenden Geschäftsanfall besser zu bewältigen. Nebst der Verfahrens- ordnung rückte somit die 
Gerichtsorganisation als zusätzlicher, bislang vernachlässigter Weg zur zivilprozessualen Prozessökonomie ins Blick- feld. Gerade weil das Landgericht in Vaduz mit nur einem einzigen Landrichter besetzt war, lag es nahe, die Möglichkeit einer gerichtsorga- nisatorischen Erweiterung zwecks Prozessökonomisierung in Betracht zu ziehen. Das fürstliche Appellationsgericht in Wien, Disziplinar- und Auf- sichtsbehörde43 des Landgerichts, hatte infolgedessen im Jahre 1883 bei der Regierung angeregt, im Landtag einen Antrag auf 
Anstellung eines zweiten Landrichters zu stellen. Der daraufhin erstattete Bericht der vorberatenden Kommission lautete dahingehend, dass ein zweiter Land- richterposten für das Land Liechtenstein allzu hohe Kosten verursachen würde. In den vergangenen zwei Jahren seien aussergewöhnlich viele 279 
I. Entwicklungen 40LGBl. 1883 Nr. 4. Dazu gehörte ausführend die Regierungsverordnung vom 20.No vember 1883 betreffend die im Bagatellverfahren zu entrichtenden Gerichts- gebühren, LGBl. 1883 Nr. 6. 41Schädler, 1873–1889, S.62. 42Schädler, 1873–1889, S.62f., Hervorhebungen E. S. 43Siehe Amtsinstruktion 1871, §  42 Abs. 1 Satz 2.
	        

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