Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

hierfür in erster Linie die liechtensteinische Allgemeine Gerichtsord- nung – wie später im Vorfeld der Justizreform – und andererseits einige Spezialerlasse.30 Das Schuldentriebgesetz war insofern eine 
Besonderheit, als es nicht nach österreichischem, sondern schweizerischem Vorbild des Kan- tons St. Gallen geschaffen worden war und zugleich ältere, spezifisch liechtensteinische Erlasse und Rechtsusanzen aufgriff.31 Damit war mit Erfolg ein Erlass geschaffen worden, der Elemente verschiedener, das heisst der österreichischen und schweizerisch-kantonalen Rechtsord- nungen rezipierte, sie gleichwohl mit liechtensteinischen Besonderheiten und Anpassungen durchsetzte und insgesamt nichtsdestotrotz ein syste- matisch stimmiges Ganzes ergab, das sich in der Praxis bewährte. Für solcherart eklektisch massgeschneiderte Erlasse in der liechtensteini- schen Rechts- bzw. Prozessrechtsordnung stellte das Schuldentriebge- setz von 1865 ein äusserst frühes Beispiel dar, dem im Laufe der Zeit noch weitere folgen sollten. Darüber hinaus widerspiegelte das Schuldentriebgesetz inhaltlich ein 
anwachsendes Bedürfnis nach verfahrensrechtlicher Prozessökono- mie. Die zunehmende Häufigkeit kleinerer, gleichartiger Fälle verur- sachte unverhältnismässig hohen Aufwand auf Seiten der Behörden und allzu hohe Kosten auf Seiten der Rechtsuchenden. Indem es als beson- derer Erlass die herrschende Verfahrensordnung in Zivilsachen mit dem Ziel ergänzte, die betreffenden Fälle prozessökonomischer für Gericht und Parteien abzuhandeln, bildete das Schuldentriebgesetz auch wegen seines Inhalts ein frühes Beispiel für liechtensteinische Verfahrensgesetz- gebung auf dem Gebiet der zivilprozessualen Prozessökonomie. Und unter Prozessökonomie fasste das Schuldentriebgesetz dabei bereits all die Anliegen, die auch späterhin der liechtensteinische Gesetzgeber durch prozessrechtliches Legiferieren verfolgen sollte: Vereinfachung, Entlastung, Beschleunigung, Entformalisierung – letztlich Einsparung jeglichen unnötigen Kosten-, Zeit- und Arbeitsaufwandes, sowohl auf Seiten des Gerichts als auch auf Seiten der Parteien bzw. Beteiligten. 276§ 
6 Vorläufer 1812 bis 1905 30Zum vorangehenden Absatz Schädler, 1862–1873, S.116–118 m. w. H.; Schädler, Entwicklung, S.65; siehe L. Lz. vom 5. Juni 1865, S.57f.mit etlichen prozessöko- nomischen Hinweisen. 31Schädler, Entwicklung, S.65.
	        

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