Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

die 
erste Instanz, wodurch in zweiter Instanz kein neuer Prozessstoff hinzukam; denn Tatsachenbehauptungen und Beweise die in den Akten und im Urteilstatbestand der ersten Instanz nicht enthalten waren, waren grundsätzlich auch in der Berufung ausgeschlossen (§ 482 Abs. 2 Ö-CPO).386 In der Berufung durften keine neuen Ansprüche und keine neuen Einreden gegenüber denjenigen, die bereits in erster Instanz geltend gemacht worden waren, vorgebracht werden (§ 482 Abs. 1 Ö-CPO). Eine Klagsänderung war nicht gestattet, auch nicht mit Zustimmung der Gegenpartei (§ 483 Abs. 3 Ö-CPO). Im Zweifelsfall war die Frage, ob ein bestimmter Beweis in erster Instanz zugelassen und aufgenommen werden sollte, tendenziell zulasten der Prozessöko- nomie eher zu bejahen, damit die Berufungsinstanz in den Akten über Informationen zu möglichst allen, auch nur allenfalls erheblichen tat- sächlichen Umständen verfügen und darüber urteilen konnte.387 Das erübrigte im Falle einer Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils im Berufungsverfahren eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Ver- handlung an die erste Instanz, was letztlich der Prozessökonomie in viel grösserem Masse geschadet hätte als einige erstinstanzlich unnötiger- weise zusätzlich aufgenommene Beweise.388 Eine mündliche und unmittelbare 
Verhandlung im Berufungsver- fahren sollte nur stattfinden, falls dadurch dem Zweck der Berufung gedient und das Verfahren weitergebracht wurde (§ 480 Abs. 1 Satz 1 Ö-CPO).389 Andernfalls war der Aufwand einer Verhandlung für die Parteien im Berufungsverfahren zu vermeiden, weil er nicht gerechtfer- tigt war.390 Es war auch zu bedenken, dass das Erscheinen vor dem Beru- fungsgericht den Parteien in der Regel die Mühe einer Reise dorthin auf- erlegte.391 Die Entscheidung für oder wider eine mündliche Berufungs- verhandlung sollte anlässlich einer nichtmeritorischen Vorprüfung (§470 Ö-CPO)392 fallen, die nur in den von der Zivilprozessordnung genannten Fällen zulässig war:393 Unter anderem bei offensichtlicher 196§ 
4 Prozessökonomische Mechanismen 386Klein, Zivilprozeß, S.275f.m. w. H., S.278 und S.413f. 387Vgl. Klein, Zivilprozeß, S.348f. 388Vgl. Klein, Zivilprozeß, S.348f. 389Klein, Zivilprozeß, S.292; vgl. Klein, Pro futuro, JBl 20 (1891), S.54. 390Klein, Zivilprozeß, S.292; vgl. Klein, Pro futuro, JBl 20 (1891), S.54. 391Klein, Bemerkungen CPO, S.354. 392Siehe Klein, Praxis, S.234f.; Klein, Zivilprozeß, S.297f. 393Vgl. Klein, Zivilprozeß, S.297.
	        

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