Volltext: Prozessökonomie in der liechtensteinischen Zivilprozessordnung von 1912

bb)Bei Beweisaufnahmen Die österreichische Zivilprozessordnung von 1895 statuierte den pro- zessökonomischen Mechanismus der gerichtlichen Zurückweisungsbe- fugnis bei Beweisaufnahmen 
generell ausdrücklich mit den Worten: «Die Aufnahme angebotener Beweise kann vom Gerichte auf Antrag oder von amtswegen verweigert werden, wenn es die Über- zeugung gewinnt, dass die Beweise nur in der Absicht, den Process zu verschleppen, angeboten werden» (§ 275 Abs. 2 Ö-CPO).257 Ein Spezialfall lag vor, falls das Gericht, wie oben258 erwähnt, unter Frist - ansetzung 
vorgängig zur mündlichen Verhandlung insgesamt den Par- teien auferlegte, Urkunden herbeizuschaffen und Zeugen zu benennen (§ 181 Abs. 2 Satz 1 Ö-CPO). Leistete eine Partei dem nicht Folge, son- dern brachte die Beweismittel erst bei der Fortsetzung der Verhandlung vor, konnte das Gericht sie auf Antrag oder von Amtes wegen für unzu- lässig erklären. Dafür wurde zweierlei vorausgesetzt: Die Partei hatte erstens bei dem verspäteten Vorbringen die «Absicht, den Process zu verschleppen»; zweitens hätte das verspätete Vorbringen de facto im Falle dessen Zulassung die weitere Verhandlung verzögert (§ 181 Abs. 2 Satz 2 Ö-CPO). Die Zurückweisung erfolgte diesfalls ungeachtet des- sen, ob die auf diese Weise vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen oder angebotenen Beweise entscheiderheblich im Sinne der Erforschung der materiellen Wahrheit waren. Im Urteilstatbestand war das zurückge- wiesene Vorbringen indessen festzuhalten.259 Ein weiterer Sonderfall der gerichtlichen Zurückweisung, wie oben erwähnt,260 trat zuweilen bei der 
mittelbaren Beweisaufnahme ein. Nachdem ein beauftragter oder ersuchter Richter Beweise aufgenom- men hatte und sodann die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht wiederaufgenommen worden war, konnte das Gericht neue Tatsachen- behauptungen oder Beweisvorbringen in dieser Verhandlung zurück- weisen. Für eine solche gerichtliche Zurückweisung war dabei voraus - gesetzt, dass die entsprechenden Tatsachenbehauptungen oder Be - 168§ 
4 Prozessökonomische Mechanismen 257Klein, Zivilprozeß, S.270. 258Siehe oben unter §  4/I./10./c). 259Zum vorangehenden Absatz Klein, Zivilprozeß, S.270. 260Siehe oben unter §  4/I./10./g).
	        

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