Masterarbeit Beat Vogt
einerseits die Überwachung der Protestanten, die grosse Buchproduzenten waren, und anderseits ein
veritables Interesse an der Aufbewahrung der Werke.
Im englischsprachigen Raum entstanden Pflichtabgabegesetze, weil Verleger, Drucker oder Autoren
den Schutz der Obrigkeit gegen Nachdruck erlangen wollten. Dies war bereits im Privilegienwesen
des 16. Jahrhunderts gegenwärtig. Gemäss dem ersten englischen Copyright Act von 1709 (dem
schon ein Licensing Act von 1662 voran ging), liefert der Verleger bzw. Drucker Exemplare zur Re-
gistrierung in der Londoner Stationer’s Hall ab und erhält von da an den gewünschten rechtlichen
Schutz. Ab 1757 wurden die abgelieferten Bücher an das Britische Museum und einige andere Biblio-
theken weitergegeben. Ähnlich ist die Situation in den USA, wo das staatliche Copyright-Office seit
1870 der LOC untersteht.
In deutschen Ländern und Städten führen die Anfänge der gesetzlichen Pflichtabgabe seit dem 17.
Jahrhundert (z.B. Frankfurt 1603 und Bayern 1663) auf Wünsche der Souveräns bzw. der Staaten, die
Druckerzeugnisse ihres Herrschaftsbereichs vollständig an zentraler Stelle zu erfassen, zurück.
Die Regelungen, obwohl oft erneuert und weltweit nachgeahmt, funktionierten lange Zeit schlecht.
Politische Krisen und Umwälzungen, Herrschaftsschwäche, mangelndes Vertrauen der Verleger in den
gewährten Schutz und Angst vor Zensur standen ihnen entgegen (vgl. Dorfmüller et al. 1997, S. 118-
119).
3.2. Pflichtexemplarabgabe in verschiedenen Ländern
3.2.1. Australien
Gatenby (2002, S. 2) behandelt die Pflichtabgabe in Australien. Sie erwähnt das Commonwealth Co-
pyright Act 1968, nach welchem Bibliotheksmaterialien, also ,,book, periodical, newspaper, pamphlet,
sheet of letter press, sheet of music, map, plan, chart or table" abzugeben sind. Das Gesetz von 1996
weitet den Sammelauftrag auf Bild- und Tonmaterialien wie auch auf elektronische Netzwerkinforma-
tionen aus.
3.22. Deutschland
Laut Beger (2000, S. 36) ergánzen sich in Deutschland regionales und nationales Pflichtexemplarrecht.
Pflichtexemplare dienten zunáchst als Entgelt für gewáhrte Druckprivilegien, für Zensurzwecke oder
als Grundlage für einen Urheberschutz. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist Hauptzweck der Abliefe-
rung, eine móglichst lückenlose Sammlung des in Deutschland produzierten geistigen Schaffens zu
sichern. Stand zuerst das Schrifttum im Mittelpunkt des Sammelauftrags, so wurde mit jeder techni-
schen Entwicklung eines neuen Medientrágers auch dieser Bestandteil des Auftrages. Das so genannte
graue Schrifttum erhielt in Deutschland ein besonderes Augenmerk.
Hagelweide (1974b, S. 121) beschreibt die Ablieferungspflicht bei der Deutschen Staatsbibliothek
bzw. deren Vorgángerinnen seit 1788. Schneiders (1974, S. 95) behandelt die Pflichtabgabe in Bayern
unter besonderer Berücksichtigung der Zeitungen. Dorfmüller et al. (1997, S. 117-118) geben einen
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