gestützt auf Art. 31 LV zulassen würde. Dass der Staatsgerichtshof in der Vergangenheit schon ohne eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage Wiederaufnahmeverfahren ermöglicht hat, zeigt sich auch etwa in StGH 2012/16. Dort hat er – trotz der fehlenden (expliziten) Regelung des Rechtsbehelfs der Wiederaufnahme – für die kleine Rechtshilfe eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens bis zur tatsächlichen Aus- folgung beschlagnahmter Unterlagen für möglich angesehen und damit im Wege der Gesetzesanalogie praeter legem einen amtswegigen Wie- deraufnahmegrund geschaffen.90 4.Ausblick In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob aus Art. 46 EMRK auch das Recht auf Wiederaufnahme eines innerstaatlichen Verfahrens abge- leitet werden kann, wenn ein Urteil des EGMR umgesetzt werden soll. 98Hugo
Vogt 90 Es verbietet sich aber ein undifferenziertes Heranziehen dieser Entscheidung StGH 2012/16 zur Begründung auch der Möglichkeit der Wiederaufnahme innerstaatli- cher Verfahren, für den Fall, dass der EGMR eine Konventionsverletzung festge- stellt hat. Ein wesentlicher Unterschied liegt nämlich darin, dass in Rechtshilfever- fahren die Abweisung eines Rechtshilfeersuchens nur formelle und keine materielle Rechtskraft hat. Einer Wiederaufnahme in Rechtshilfeverfahren steht damit jeden- falls keine innerstaatliche materiell rechtskräftige Entscheidung entgegen. Siehe hierzu StGH 2012/16, Entscheidung vom 28. Juni 2012, Erw. 6, S. 6 f., nicht veröf- fentlicht. Der Staatsgerichtshof führt dort aus: «Nach Auffassung des Staatsge- richtshofes muss trotz der fehlenden (expliziten) Regelung des Rechtsbehelfs der Wiederaufnahme für die kleine Rechtshilfe jedenfalls eine amtswegige Wiederauf- nahme des Verfahrens bis zur tatsächlichen Ausfolgung beschlagnahmter Unterla- gen möglich sein. Dies erscheint auch deshalb gerechtfertigt, weil der Abweisung eines Rechtshilfeersuchens nur formelle, aber keine materielle Rechtskraft zukommt, d. h. [das heisst] der ersuchte [richtig: ersuchende] Staat kann jederzeit ein neues Rechtshilfeersuchen stellen [...]. Entsprechend erscheint es angezeigt, dass umgekehrt der Rechtshilferichter immerhin von Amts wegen ein formell abge- schlossenes Rechtshilfeverfahren wiederaufnehmen kann, wenn wesentliche ihm zur Kenntnis gelangte Nova dies nahelegen. Hingegen ist dem offensichtlichen Wil- len des Gesetzgebers, das Rechtshilfeverfahren zu beschleunigen [...], dahingehend Rechnung zu tragen, dass kein entsprechendes Antragsrecht besteht. Denn damit wäre die Gefahr beträchtlicher Verfahrensverzögerungen verbunden. So aber kann der Rechtshilferichter einen entsprechenden Antrag als blosse Anzeige entgegen- nehmen und braucht nur darauf einzutreten, wenn er die vorgelegten Nova auch als wesentlich erachtet.»