Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

von den Beschwerdeführern im Verfahren vor dem EGMR bean- tragten Ersatz für Schaden kein ursächlicher Zusammenhang (‹no causal link›) besteht und sämtliche den Beschwerdeführern im Zusammenhang mit der festgestellten Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK entstandenen Prozesskosten entschädigt sind.»73 Im Ergebnis bedeutet dies, dass nach der Rechtsprechung des Staatsge- richtshofs keine Pflicht besteht, wonach Vertragsstaaten für den Fall, dass der EGMR in einem Urteil eine Konventionsverletzung feststellt, die Wiederaufnahme eines innerstaatlichen Verfahrens vorzusehen hät- ten. Die Erlassung entsprechender innerstaatlicher Regelungen steht vielmehr im Ermessen des Gesetzgebers. Dennoch hält sich der Staats- gerichtshof die Möglichkeit offen, eine solche Pflicht auf Wiederauf- nahme des innerstaatlichen Verfahrens direkt aus der Verfassung, näm- lich aus Art. 31 LV, abzuleiten, um einschreiten zu können, wenn das Ergebnis ansonsten «unter Gerechtigkeitsaspekten schockierend» wäre. Es ist zu klären, welche Fälle der Staatsgerichtshof hier im Blick hat. Zunächst ist zu bedenken, dass die Wiederaufnahme des inner- staatlichen Verfahrens nicht bei jedem konventionswidrigen Gerichtsur- teil oder Verwaltungsakt eine angemessene Lösung darstellt.74Insbeson- dere wenn der EGMR wegen einer überlangen Verfahrensdauer einen Verstoss gegen Art. 6 EMRK feststellt, würde durch die Wiederauf- nahme des Verfahrens dessen rechtskräftiger Abschluss nur weiter ver- zögert werden.75Ferner hat in einem Mehrparteienverfahren nicht nur der Beschwerdeführer grundrechtliche Ansprüche, sondern auch der jeweilige Verfahrensgegner einen Anspruch darauf, dass die verwal- tungsbehördliche oder gerichtliche Entscheidung innert angemessener 93 
Innerstaatliche Durchsetzung der Entscheidungen des EGMR 73 StGH 2006/111, Urteil vom 3. Juli 2007, Erw. 5, S. 44 f., abrufbar unter <www.stgh.li>. 74 Vgl. Ress, S. 351. 75 Vgl. Ress, S. 351. Georg Ress hält fest, dass bei Zivilverfahren, für die der EGMR eine überlange Verfahrensdauer festgestellt habe, eine materielle Entschädigung des Beschwerdeführers als ausreichend angesehen werden könne. Handelt es sich um strukturelle Probleme, kann der EGMR in diesen Fällen neben einer Entschädigung auch aussprechen, dass ein Vertragsstaat generelle Massnahmen zu ergreifen hat um in Zukunft überlange Verfahren zu vermeiden. Siehe hierzu etwa das Piloturteil Rumpf gegen Deutschland,Urteil vom 2. September 2010, Nr. 46344/06, abrufbar unter <www.echr.coe.int>.
	        

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