Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

eines Urteils des EGMR nur auf den gerügten Konventionsverstoss, über den mit Urteil abgesprochen worden ist.33Schliesslich sind die zeit- lichen Grenzen der materiellen Rechtskraft zu beachten. Das heisst, wenn sich der Sachverhalt gegenüber der vom Beschwerdeführer ange- fochtenen innerstaatlichen Entscheidung bis zum Zeitpunkt des Urteils des EGMR wesentlich geändert hat, «ist das Urteil des EGMR nicht mehr ohne Weiteres bindend».34Das nationale Gericht oder die natio- nale Behörde hat in diesem Fall zu prüfen, «worin der Konventionsver- stoss nach dem Urteil gelegen hat, und inwieweit eine geänderte Tatsa- chenbasis eine Anwendung des Urteils nicht oder nur in modifizierter Form erlaubt».35 2.Beendigungspflicht und Wiedergutmachungspflicht bei einer Konventionsverletzung Die Befolgungspflicht des Art. 46 EMRK bedeutet zunächst, dass seitens des verurteilten Staates nicht behauptet werden kann, das Verfahren, wegen dem eine Verurteilung durch den EGMR erfolgte, sei in Überein- stimmung mit der Konvention abgelaufen.36Dies gilt sowohl auf völ- kerrechtlicher Ebene als auch für den Bereich des innerstaatlichen 81 
Innerstaatliche Durchsetzung der Entscheidungen des EGMR 33 Vgl. Cremer, Entscheidung und Entscheidungswirkung, S. 1727, Rz. 58; Meyer- Ladewig, S. 395, Rz. 20. Siehe dazu auch Rohleder, S. 40 ff. 34 Meyer-Ladewig, S. 395, Rz. 21. Siehe dazu auch Rohleder, S. 42 ff. 35 Meyer-Ladewig, S. 395, Rz. 21. Vgl. auch Cremer, Entscheidung und Entschei- dungswirkung, S. 1727 f. Rz. 58; Frowein, S. 603, Rz. 3. Im Urteil Görgülü gegen Deutschlandhat der EGMR wegen der Verweigerung des Sorge- und Umgangs- rechts des Kindsvaters mit seinem Kind eine Verletzung des Art. 8 EMRK festge- stellt und ausgesprochen, dass dem Beschwerdeführer mindestens der Umgang mit seinem Kind ermöglicht werden müsse (vgl. dazu Görgülü gegen Deutschland, Urteil vom 26. Februar 2004, Nr. 74969/01, Ziff. 64, abrufbar unter <www.echr. coe.int>.) Es ist allerdings zu bedenken, dass sich das Urteil des EGMR nur auf die Tatsachen zum Zeitpunkt der letztinstanzlichen innerstaatlichen Entscheidung beziehen konnte. Sollte in der Zwischenzeit die Entscheidungsgrundlage geändert haben, so zum Beispiel, weil der Beschwerdeführer straffällig geworden ist, hätte der EGMR diese neue Tatsache nicht berücksichtigen können, und die Entschei- dung des EGMR wäre modifiziert umzusetzen gewesen. Vgl. dazu Frowein, S. 605, Rz. 10. 36 Vgl. Haidenhofer, S. 804. Siehe auch StGH 2006/111, Urteil vom 3. Juli 2007, Erw. 4.1, S. 40, abrufbar unter <www.stgh.li>.
	        

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