Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

sche Rechtsprechung im Gegenteil die vorgebrachte Kritik an der bun- desgerichtlichen Praxisänderung in allen Teilen stützt. 2.1.§ 26 Abs. 1 des im Bundesgerichtsurteil von 2012 angeführten Kir- chensteuergesetzes von Baden-Württemberg verlangt für den Kirchen- austritt eine eindeutige Erklärung und verbietet Bedingungen und Zusätze. Für die Auslegung dieser Bestimmung ist nach der deutschen Rechtsprechung von entscheidender Bedeutung, dass mit dem Verbot von Bedingungen und Zusätzen gerade der sogenannte «modifizierte Kirchenaustritt» unterbunden hat werden sollen. Die Erklärung muss folglich erkennen lassen, dass sich der Betroffene ernsthaft und vollstän- dig von der Religionsgemeinschaft lossagen will. Wer von sich aus den Kirchenaustritt auf die «Körperschaft des öffentlichen Rechts» beschränkt, aber gleichwohl in einer auch für den Staat erkennbaren Weise aktives Mitglied seiner Kirche bleiben will, erfüllt die Anforde- rungen des Gesetzes nicht. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Kirchenaustritt demnach ganz im Gegensatz zur bundesgerichtlichen Praxisänderung unwirksam, der isoliert nur diejenigen Rechtsfolgen be- seitigen will, die eine Kirchenmitgliedschaft im Bereich des staatlichen Rechts hat. Würde der Staat dem einzelnen Gläubigen die Möglichkeit ei- nes blossen «Kirchensteueraustritts» eröffnen, verstiesse er gegen Art. 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 137 Abs. 6 der Weimarer Reichsverfassung. Danach sind diejenigen Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, dazu berechtigt, Kirchen- steuern auf der Grundlage der staatlichen Steuerlisten zu erheben. Diese Gewährleistung steht einem reinen «Kirchensteueraustritt» entgegen. Von den staatlichen Gerichten nicht zu entscheiden ist auch nach der deutschen Rechtsprechung nicht die Frage, welche Folgerungen die Kirchen aus einer gegenüber den staatlichen Stellen abgegebenen Kir- chenaustrittserklärung ziehen. Ob es eine Kirchenmitgliedschaft ohne Kirchensteuerpflicht geben kann, ist allein eine innerkirchliche Angele- genheit, die im Fall der katholischen Kirche nach kanonischem Recht zu entscheiden ist.27269 
Kirchenaustritt: unhaltbare Praxisänderung 27 Zusammenfassung gestützt auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden- Württemberg vom 4. Mai 2010, 1 S 1953/09 (ebenfalls Fall Zapp).
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.