Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

eine Austrittserklärung auf diese staatskirchenrechtliche Organisation als weltliches Kleid der römisch-katholischen Kirche beziehe. Es treffe zwar zu, dass die Begründung der Mitgliedschaft voraussetze, dass die betreffende Person nach kanonischem Recht der römisch-katholischen Kirche angehöre (§ 12 der zitierten Kirchenverfassung). Das Argument in der angeführten Kritik, auch das Austrittsrecht müsse sich nach der innerkirchlichen Ordnung richten und setze wegen des erwähnten ein- heitlichen katholischen Kirchenbegriffs einen integralen Austritt voraus, sei nicht stichhaltig. Die Religionsfreiheit garantiere die Austrittsmög- lichkeit aus der staatskirchenrechtlichen Organisation – im Unterschied zum Eintritt – aus beliebigen Gründen und unabhängig von der inner- kirchlichen Ordnung. Eine Anknüpfung an das kanonische Recht würde den Austritt ja auch gänzlich verunmöglichen, weil dieses einen solchen nicht kenne. Aus diesen Gründen sei an der neuen Rechtsprechung festzuhalten, wonach ein Austritt aus der staatskirchenrechtlichen Organisation als gültig anzusehen sei und nicht zusätzlich ein Austritt auch aus der römisch-katholischen Konfession verlangt werden dürfe. Gegen diese Beurteilung sei eingewendet worden,8dass sie die geltende staatskir- chenrechtliche Ordnung zu unterlaufen drohe und das kirchliche Selbst- bestimmungsrecht der Katholiken übermässig einschränke. Das Ausei- nanderfallen von staatskirchenrechtlicher und innerkirchlicher Mitglied- schaft werde allerdings nicht erst durch die kritisierte Rechtsprechung begründet, sondern ergebe sich aus dem Umstand, dass das kanonische Recht keinen Kirchenaustritt vorsehe und damit bei Austritten unver- meidlicherweise zu zwei Kategorien von Mitgliedern – den staatlicher- seits Ausgetretenen und den Nichtausgetretenen – führe. Die Religions- freiheit stehe der Übernahme der innerkirchlichen Unauslöschlichkeit der Mitgliedschaft entgegen und setze damit dem kirchlichen Selbstbe- stimmungsrecht notwendigerweise eine Schranke. Die Verweigerung eines blossen Austritts aus der staatskirchenrechtlichen Organisation würde zu einer verfassungswidrigen Zwangsmitgliedschaft all jener Katholiken führen, die – möglicherweise auch aus Glaubensgründen – 259 
Kirchenaustritt: unhaltbare Praxisänderung 8 Dazu wird verwiesen auf: Hangartner, a. a. O., S. 990; Nay, a. a. O., S. 1162; Dieter Kraus, Schweizerisches Staatskirchenrecht – Hauptlinien des Verhältnisses von Staat und Kirche auf eidgenössischer und kantonaler Ebene, 1993, S. 179 f.; Andreas Kley, Kirchenaustritt – Austritt woraus?, recht 2008, S. 172 f.
	        

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