I.Die langjährige konstante Praxis des Bundesgerichts In einem Entscheid aus dem Jahre 20021hatte sich das Bundesgericht aufgrund der rechtlichen Regelung in der Verfassung der römisch- katholischen Landeskirche des Kantons Luzern mit der Erklärung einer Person zu befassen, lediglich aus der Kirchgemeinde bzw. Landeskirche auszutreten, sich aber weiterhin der römisch-katholischen Kirche zuge- hörig zu fühlen (sogenannter partieller Kirchenaustritt). § 12 dieser Ver- fassung lautet: «Wer nach kirchlicher Ordnung der römisch-katholischen Kirche angehört, gilt für Landeskirche und Kirchgemeinden als Katholikin oder Katholik, solange sie oder er dem zuständigen Kirchenrat am gesetzlich geregelten Wohnsitz nicht schriftlich erklärt hat, der römisch-katholischen Konfession nicht mehr anzugehören.» Das Bundesgericht entschied, gewiss könne eine Person nicht verpflich- tet werden, auch eine Austrittserklärung bezüglich der Religionsgemein- schaft abzugeben, es sei jedoch nicht verfassungswidrig, die vorliegende Austrittserklärung als unvollständig und damit unbeachtlich zu betrach- ten. Es habe bereits in einem Entscheid 1876 festgehalten, dass Art. 49 aBV nur von «Religionsgenossenschaften» (Art. 15 BV von «Religions- gemeinschaften») spreche und dass die Befreiung von den Kirchensteu- ern den Austritt aus der Religionsgenossenschaft selbst bedinge, wohin- gegen der Austritt aus der Kirchgemeinde allein nicht genüge. 1908 habe es sodann eine kantonale Regelung, die für die steuerrechtliche Aner- kennung einen Austritt nicht nur aus der Kirchgemeinde, sondern aus der Religionsgenossenschaft überhaupt forderte, als nicht gegen Art. 49 aBV verstossend betrachtet. Die in Art. 15 BV und Art. 9 EMRK garan- tierte Glaubens- und Gewissensfreiheit umfasse unter anderem das Recht, die Religion frei zu wählen, einer Religionsgemeinschaft beizu- treten, anzugehören, aus ihr aber auch jederzeit auszutreten. Die von den kantonalen Kirchenbehörden mit Blick auf die Kirchenverfas- sung/LU vertretene Position respektiere diese Freiheit. Der Beschwer- deführerin stehe es nämlich frei, der römisch-katholischen Religionsge- meinschaft weiterhin anzugehören oder aus ihr auszutreten. Bekenne sie 254Giusep
Nay 1 BGE 129 I 68.