Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

staatlichen Eheschliessung generell die obligatorische Zivilehe setzte (§ 15 EheG). Wer die religiöse Zeremonie vor der staatlichen vornahm, machte sich gemäss § 100 EheG strafbar. Eine grundsätzliche Neuerung für das österreichische Eherecht stellten auch die neuen gesetzlichen Eheverbote dar, wozu insbesondere die Blutsverschiedenheit (§ 4 EheG),28der Mangel an Ehetauglichkeit (§ 5 EheG)29und die Doppelehe (§ 24 EheG) zählten. Den zweiten Abschnitt bildeten die Normen betreffend die Ehe- scheidung.30Neben die absoluten Scheidungsgründe – Ehebruch sowie Verweigerung der Fortpflanzung bzw. rechtswidrige Anwendung von Mitteln zur Verhinderung der Geburt – traten allgemeine Bestimmungen mit relativen Scheidungsgründen – sonstige schwere Eheverfehlungen und ehrloses oder unsittliches Verhalten –, die zu einer schuldhaften Zerrüttung der Ehe geführt haben mussten. Für die unverschuldete Scheidung der Ehe sah die Generalklausel des § 55 EheG einen neuen Tatbestand vor, nämlich die «Auflösung der häuslichen Gemeinschaft». Demzufolge konnte es zu einer Scheidung der Ehe kommen, wenn «infolge einer tiefgreifenden unheilbaren Zerrüttung des ehelichen Ver- hältnisses die Wiederherstellung einer dem Wesen der Ehe entsprechen- den Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten» und zusätzlich die «häusli- che Gemeinschaft der Ehegatten seit drei Jahren aufgehoben» war. Dage- gen wurde dem schuldlosen Ehegatten ein Widerspruchsrecht gewährt, wenn der die Scheidung Fordernde die Zerrüttung ganz oder überwie- gend selbst verschuldet hatte. Der vierte Abschnitt des EheG enthielt Sondervorschriften für Österreich, die die «Legalisierung» der Dispensehen regelten und die reibungslose Einführung des neuen Eherechts sichern sollten.31§ 109 EheG bestimmte, dass die Dispens ebenso wie die Trennung nichtka- tholischer Ehen dem Bande nach nun als Scheidung der Ehe galten. Damit wollte man verhindern, dass bereits abgeschlossene Verfahren nach dem neuen Recht wiederholt werden mussten. Gemäss § 121 EheG 243 
Das ABGB von 1938 bis 1945: Auswirkungen auf Liechtenstein? 28 Nach dem Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. 9. 1935, dRGBl. 1935 I, S. 1146. 29 Nach dem Gesetz zum Schutz der Erbgesundheit des deutschen Volkes vom 18. 10. 1935, dRGBl. 1935 I, S. 1246. 30 Gruchmann, wie Fn. 24, S. 78 ff. 31 Bielefeldt, wie Fn. 15, S. 42 ff.
	        

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