Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

Gesetzen erlassenen Erläuterungen und Nachtragsverordnungen ohne weiteren Rechtsakt auch in Liechtenstein in Kraft traten. Ihr formales Ende fand diese sogenannte «automatische Rezeption» 1843 mit der Anordnung, dass nur noch jene österreichischen Regelungen in Liech- tenstein in Geltung treten sollten, die zuvor vom Landesfürsten sanktio- niert und im Fürstentum publiziert worden waren. Diese sogenannte «autonome Rezeption» war mit dem souveränen fürstlichen Gesetzge- bungsrecht besser in Einklang zu bringen, änderte jedoch nur den for- malen, nicht aber den inhaltlichen Aspekt. Das heisst, dass zwar nun eigenständige liechtensteinische Gesetze erlassen wurden, allerdings weiterhin in enger, überwiegend wörtlicher Anlehnung an das österrei- chische Vorbild. Wegen der Fortgeltung einer speziellen liechtensteini- schen Erbrechtsregelung7war das Erbrecht des ABGB von der Geltung in Liechtenstein zunächst ausgenommen worden. Erst mit dem Inkraft- treten des Erbrechtspatents zu Jahresbeginn 1847 stand in Liechtenstein das gesamte ABGB in Geltung, allerdings – soweit es das Erbrecht betraf – mit leichten Änderungen gegenüber der österreichischen Fassung.8 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte eine zusätzliche Intensivierung der nachbarschaftlichen Beziehungen durch den Abschluss eines Zollvertrags, der von 1852 bis 1919 in Geltung stand. Er bewirkte, dass zwischen Liechtenstein und Österreich ein vollkommen freier Warenverkehr herrschte, während gegenüber der Schweiz Zoll- schranken bestanden. Ergänzt wurde diese Zollunion durch eine Wäh- rungsgemeinschaft sowie ein gemeinsames Postwesen. Neben den wirt- schaftlichen Aspekten hatte die Zollunion auch juristische Konsequen- zen für Liechtenstein, nämlich die Verpflichtung zur Übernahme aller einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften. Diese engen Ver- flechtungen mit der österreichischen Rechtsordnung bildeten im 19. Jahrhundert ein bestimmendes Element der staatlichen Existenz Liech- tensteins. 237 
Das ABGB von 1938 bis 1945: Auswirkungen auf Liechtenstein? 7 Siehe die von Landvogt Joseph Schuppler ausgearbeitete Erbfolge- und Verlassen- schaftsabhandlungsordnung aus 1809, abgedruckt in: Elisabeth Berger (Hrsg.), Eine Zivilrechtsordnung für Liechtenstein, RSWR 22, Frankfurt/Main etc. 1999, S. 43 ff., Erläuterungen S. 23 ff. 8 Fürstliche VO betr. die Einführung der §§ 531-824 ABGB, Erbrechtspatent Nr. 3.877 vom 6. 4. 1846, in: Amtliches Sammelwerk, wie Fn. 2.
	        

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