Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

eigengeprägten Normbereich verfügen. Vielmehr verweist das Schutzgut – Würde des Menschen – auf ein umfassendes Spektrum menschlicher Seins- und Verhaltensweisen. Art. 1 Abs. 1 GG schafft damit einen Ver- fassungsrechtssatz von «umfassender Allgemeinheit».36Ebenso wie die Gleichheit bezieht sich die Würde auf den Modus einer Handlung; beide erfassen Relationen bzw. Handlungsumfelder in Beziehung zum jeweili- gen Träger des Grundrechts.37Dabei kann jeder denkbare Lebenssach- verhalt den «Hintergrund» der konkreten Relationsproblematik abge- ben. Daraus folgt, dass die Menschenwürdegarantie in einem Verhältnis der partiellen Spezialität und Subsidiarität zu den besonderen Freiheits- und Gleichheitsgarantien der Verfassung steht. Mit anderen Worten: Wegen ihres Zugriffs auf spezifische Wirklichkeitsausschnitte sind diese als vorrangige Massstabsnormen zu berücksichtigen. Allerdings bedeu- tet «Vorrangigkeit» hier nicht Subsidiarität im strengen Sinne. Vielmehr kann in der Verletzung einer speziellen Grundrechtsnorm – etwa des Rechts auf Leben oder des Persönlichkeitsrechts – zugleich ein geson- dert festzustellender Verstoss gegen die Menschenwürdegarantie liegen. Eine schwere Beeinträchtigung eines anderweitig geschützten Grund- rechtsguts, die dem Menschen zugleich in radikaler Weise eine der ele- mentaren Existenz- oder Entfaltungsbedingungen verwehrt oder streitig macht, kann auch eine Menschenwürdeverletzung darstellen. Schliess- lich bietet der Menschenwürdesatz des Art. 27bis Abs. 1 LV in dieser Deutung – ganz in Übereinstimmung auch mit der Judikatur des Staats- gerichtshofs – einen letzten Auffangschutz gegenüber solchen schweren Beeinträchtigungen, die von keiner anderen Grundrechtsbestimmung erfasst 
werden.38 V.Schlussbemerkungen Diese Überlegungen zur Menschenwürdegarantie der liechtensteini- schen Verfassung verstehen sich als ein erster, grundsätzlicher Beitrag zu 231 
Die Menschenwürdegarantie in der liechtensteinischen Verfassung 36So schon Peter Badura, Generalprävention und Würde des Menschen, JZ 1964, 337 (342). 37Siehe auch Alexander Blankenagel, Gentechnologie und Menschenwürde, KJ 1987, 379 (386). 38Zum Ganzen Wolfram Höfling, in: Das Dogma der Unantastbarkeit, S. 111 (113 f.).
	        

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