Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

chen Behörden im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu einem aus- reichenden oder genügenden Grundschulunterricht, dessen Ziele und Inhalt in den entsprechenden Schulgesetzen festgelegt sind und in den Lehrplänen näher konkretisiert werden. Verfassungsrechtlich wie völkerrechtlich anerkannt ist auch das primäre Recht der Eltern, ihre Kinder gemäss ihren religiösen und welt- anschaulichen Überzeugungen zu erziehen. Gleichzeitig verpflichten diese Rechtsgrundlagen aber auch zur vorrangigen Gewährleistung des Kindeswohls, verbunden mit einem entsprechenden staatlichen Schutz und Förderungsauftrag. Dabei stellt sich die Frage der Beziehung von Schutz des Kindeswohls, elterlichem Erziehungsrecht und staatlichem Bildungsauftrag. Aus der einschlägigen Lehre und Praxis ergibt sich dazu, dass auch das religiöse Erziehungsrecht der Eltern keinen absolu- ten Vorrang geniessen kann, sondern dass im Konfliktfall – im Interesse der objektiven Verwirklichung des Kindeswohls – der umfassende staat- liche Bildungsauftrag grundsätzlich vorgehen muss. Das Bundesgericht wie auch der Staatsgerichtshof haben diesen Vorrang bei der Auslegung der Verfassung, im Zusammenhang mit der Befreiung vom Schwimmun- terricht aus religiösen Gründen, im Grundsatz bestätigt. Die beiden Höchstgerichte haben insbesondere die Bedeutung der ausreichenden Grundschulbildung für die Entwicklung der Kinder zu selbst- und sozi- alverantwortlichen Persönlichkeiten und zur sozialen, kulturellen und politischen Integration in die Gesellschaft betont. Unabhängig von der – auch nach der jüngsten Rechtsprechung möglichen und gebotenen – Interessenabwägung bei Dispensationsgesuchen im Einzelfall haben sich die Gerichte kritisch-zurückhaltend geäussert zur Frage der Befreiung von ganzen Unterrichtsfächern, da dies dem umfassenden staatlichen Bildungsauftrag entgegenstehen würde. Mit Verfassung und internatio- nalen Verpflichtungen umso weniger vereinbar wäre, wenn – wie dies beispielsweise die eingangs erwähnte Volksinitiative in Bezug auf den Sexualkundeunterricht verlangt – bestimmte Bildungsinhalte aus religiö- sen oder weltanschaulichen Gründen gar nicht mehr vermittelt werden dürften. Ein Verbot von Bildungsmassnahmen zur Prävention von sexu- ellem Missbrauch und zur Förderung und zum Schutz der gesundheitli- chen Entwicklung des Kindes wäre mit dem öffentlichen Interesse an einem Mindestmass an Sexualkundeunterricht, welcher für die persönli- che und soziale Entwicklung des Kindes in der heutigen Gesellschaft wie auch für ein von Achtung und Toleranz geprägtes Zusammenleben er - 219 
Elternrecht auf religiöse Erziehung
	        

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