Diese Ausführungen zeigen, dass bei der Anwendung der einheit- lichen Grundrechtseingriffskriterien über die Freiheitsrechte hinaus auf weitere Grundrechte Zurückhaltung angezeigt ist. Entsprechend erweist sich die StGH-Rechtsprechung mit ihrer selektiven Ausweitung der Anwendung dieser Kriterien auf das Beschwerderecht und auf den Anspruch auf Akteneinsicht als gerechtfertigt. Wenn sich allerdings der sachliche Geltungsbereich weiterer Grundrechte in der zukünftigen Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung genügend konkre- tisieren sollte, kann sich allenfalls auch eine weitergehende Anwendung des einheitlichen Prüfungsschemas als sinnvoll erweisen.56 3.Ein Sonderfall: Eingriffsresistente Grundrechte Einen aufschlussreichen Sonderfall stellen die absolut gewährleisteten und somit eingriffsresistenten57Grundrechte dar, weil für diese von den klassischen Grundrechtseingriffskriterien von vornherein nur die Kern- gehaltsgarantie relevant ist: Ihr sachlicher Geltungsbereich fällt nämlich mit diesem Eingriffskriterium zusammen. Es handelt sich dabei einer- seits um verschiedene in der Landesverfassung explizit gewährleistete Grundrechte58– wobei diese vorbehaltlose Gewährleistung hier eben (als Ausnahme von der sonstigen StGH-Praxis) zum Nennwert zu neh- men ist; andererseits gehören dazu auch ungeschriebene Grundrechte. Auf diese eingriffsresistenten Grundrechte soll im Folgenden noch kurz eingegangen werden. Zu dieser Grundrechtskategorie gehört zunächst das in der StGH- Praxis wichtigste Grundrecht, nämlich das ungeschriebene Willkürver- bot. Dieses beansprucht als universeller Mindeststandard an Gerechtig- 196Hilmar
Hoch 56 Zur entsprechenden Dynamik etwa der schweizerischen Grundrechtsprechung siehe schon Müller, Elemente, S. 96 ff. 57 Höfling spricht in diesem Zusammenhang auch von «abwägungsresistenten» Grundrechtsgewährleistungen. Er weist zudem darauf hin, dass der früher auch vom Staatsgerichtshof verwendete Begriff der «absoluten Grundrechte» mehrdeutig ist: Während der Staatsgerichtshof darunter auch die von ihm sehr wohl als ein- schränkungsfähig erachtete Eigentumsgarantie subsumierte, versteht die österrei- chische Verfassungsrechtslehre unter diesem Begriff nur eingriffsresistente Grund- rechte; siehe Höfling, Schranken, S. 92 f. Rz. 17 f. 58 Siehe vorne, S. 185.