Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

Dies gilt allerdings, präzisiert der Staatsgerichtshof,204«nicht im selben Ausmass für die systematische und die teleologische Auslegung, da diese im Gegensatz zur historischen Auslegung direkt am Gesetzestext erfol- gen kann». In der Regel ist die historisch-subjektive Auslegung nach den Absichten des historischen Gesetzgebers für die Grundrechte wenig ertragreich. Der Grund dafür liegt darin, dass jedes Grundrecht als Ant- wort auf eine neue Gefährdungslage des Menschen entstanden ist und daher auch «seine spezifische Funktion und seinen speziellen Schutzbe- reich» hat. Die inhaltliche Reichweite der spezifischen Grundrechte kann demnach nicht abschliessend geklärt werden, da der Staatsgerichts- hof auch die Möglichkeit haben muss, neu auftretenden Gefährdungsla- gen des Menschen durch geänderte Grundrechtsinterpretationen Rech- nung zu tragen.205Sowohl der österreichische Verfassungsgerichtshof als auch der EGMR greifen denn auch nur ausnahmsweise auf die spärli- chen Materialien zum StGG bzw. auf die Travaux Préparatoires zur EMRK zurück.206 Bei der objektiv-historischen Interpretation ist die Bedeutung, die einer Norm durch die allgemeine Betrachtung zur Zeit ihrer Entstehung gegeben wurde, entscheidend. Es wird nicht allein auf den subjektiven Willen des historischen Gesetzgebers abgestellt, sondern auf den Sinn der Norm vor dem Hintergrund des damaligen allgemeinen Verständ- nisses. Bei konsequenter Anwendung führt sowohl die subjektiv-histo- rische als auch die objektiv-historische Auslegungsmethode zu einer gewissen Erstarrung bzw. Versteinerung der Rechtsordnung.207 Einer Erstarrung der Rechtsordnung wirkt die zeitgemässe bzw. geltungszeitliche Auslegung entgegen.208Sie stellt auf das Normver- ständnis und die Verhältnisse ab, wie sie gegenwärtig, d. h. zur Zeit der Rechtsanwendung, gegeben sind. Massgebendes Element ist der Sinn 165 
Verfassungs- und Grundrechtsauslegung 2000/45, Entscheidung vom 25. Oktober 2000, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 5; StGH 2001/8, Entscheidung vom 17. September 2001, <www.stgh.li>, Erw. 4.1. 204StGH 2000/45, Entscheidung vom 25. Oktober 2000, <www.gerichtsentscheide.li>, Erw. 5; siehe auch StGH 1997/42, Urteil vom 18. Juni 1998, LES 1999, S. 89 (94, Erw. 2.3). 205Vgl. Vogt, Willkürverbot, S. 379 und S. 391. 206Siehe Berka, Grundrechte, S. 73, Rz. 121. 207Siehe dazu Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, S. 35 f., Rz. 110 ff. 208Vgl. Tschannen, Verfassungsauslegung, S. 156, Rz. 13.
	        

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