Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

richtshof hervorgehoben, dass sowohl das EWR-Recht als auch das EU- Recht grundrechtskonform zu handhaben sind.42Was die Anwendbar- keit der Europäischen Grundrechtecharta betrifft, so hat der Staatsge- richtshof in StGH 2012/157 unlängst ausgeführt, «dass der blosse Umstand, dass der Beschwerdeführer auch in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eine berufliche Niederlassung hat, nicht hinreichen kann, die unmittelbare Anwendbarkeit der Europäischen Grundrechte- charta auch im EWR zu 
bewirken».43 1.3.3Ungeschriebene Grundrechte Neben den in der Verfassung und in den internationalen Übereinkom- men bzw. Staatsverträgen positivierten Grund- und Menschenrechten kreierte der Staatsgerichtshof Ende der Neunzigerjahre des vorigen Jahrhunderts in schöpferischer und verfassungsgestaltender Weise44 ungeschriebenes Verfassungsrecht, indem er das Willkürverbot zum eigenständigen ungeschriebenen Grundrecht erklärte45und sich dabei in Anlehnung an die Rechtsprechung des Schweizer Bundesgerichtes zu den ungeschriebenen Grundrechten46weiter vorbehielt, «für den Einzel- nen fundamentale, im Verfassungstext nicht erwähnte Rechtsschutzbe- dürfnisse direkt als ungeschriebene Grundrechte anzuerkennen, anstatt sie aus thematisch mehr oder weniger verwandten positiv normierten Grundrechten abzuleiten».47Als weitere ungeschriebene Grundrechte, deren Verletzung selbständig beim Staatsgerichtshof geltend gemacht 138Tobias 
Michael Wille 42StGH 2013/42, Urteil vom 2. September 2013, nicht veröffentlicht, Erw. 4.4. 43StGH 2012/157, Urteil vom 25. März 2013, nicht veröffentlicht, Erw. 2. 44So Kley, Kommentar, S. 256. 45Vgl. Wille H., Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 52; siehe dazu auch Vogt, Willkürver- bot, S. 336 ff. 46Hoch, Schwerpunkte, S. 78; vgl. auch Vogt, Willkürverbot, S. 344 f. 47StGH 1998/45, LES 2000, 1 (6, Erw. 4.4); zur Kritik an dieser Rechtsprechung aus der Sicht der Gewaltenteilung siehe Wille H., Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 52 f., der insbesondere beanstandet, dass der Staatsgerichtshof bei der Anerkennung von ungeschriebenen Grundrechten «in die Funktionen des Verfassungsgesetzgebers übergreift bzw. als Ersatzverfassungsgesetzgeber auftritt». Vgl. dazu auch Vogt, Will kürverbot, S. 349 ff., der unter dem Aspekt der Bindungswirkung zu bedenken gibt, dass unklar ist, inwieweit der Staatsgerichtshof einen anerkannten, ungeschrie- benen Verfassungsrechtssatz wieder aufgeben kann, wenn die Voraussetzungen für dessen Geltung entfallen sind.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.