Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

II.Volksrechte in Deutschland? Eine Herausforderung Die «Stimme des Volkes», welche die Demokratie zum Ausdruck brin- gen soll, kann sich verschieden äussern: «direkt» oder durch staatliche Organe «repräsentiert».8Die meisten Verfassungen der Welt sind «reprä- sentativ», nur wenige sind dagegen auf nationaler Ebene «direkt»-demo- kratisch gestaltet. Als Paradebeispiel des ersten Typus sei die Bundesre- publik Deutschland (auf Bundesebene), als eines des zweiten Typs nach- folgend die Schweiz genannt. Ich versuche hier – mit gebotener Zurückhaltung – die Thesen zu vertreten, dass es an der Zeit wäre, dass sich die Bundesrepublik ver- mehrt direkt-demokratisch konstituiert, sich die Demokratie «demokra- tisiert». Ich glaube, dass dadurch die Akzeptanz der politischen Ent- scheidungen in Deutschland erhöht würde. Bisherige Anläufe, direkt-demokratische Institutionen ins Grund- gesetz einzufügen, sind gescheitert.9Hauptargument gegen solche Reformen waren – so wird fast refrainartig wiederholt – schlechte Erin- nerungen an die Weimarer Zeit. Die Verfassunggebende Nationalver- sammlung hatte seinerzeit, 1919, als «Korrektiv gegen einseitige Parla- mentsherrschaft und Parteiherrschaft», Beteiligungsrechte des Volkes an der Gesetzgebung vorgesehen, die aber nie richtig zum Tragen kamen. Heute liegt Weimar weit zurück. Deutschland ist aber, um mit den Wor- ten von Georges Burdeau zu sprechen, noch immer mehr eine «démo- cratie gouvernée» als eine «démocratie gouvernante». Es schiene mir, aus der Perspektive eines Aussenstehenden, richtig, im deutschen Staatsrecht die direkt-demokratischen Elemente auszubauen, um auf diese Weise die Akzeptanz politischer Entscheide zu erhöhen. Was für Gründe könnten nun dafür sprechen, den Status quo zu ändern? Ich nenne vier Gesichts- punkte, und viele mehr liessen sich anführen. 110Daniel 
Thürer 8 Näheres bei Daniel Thürer, Deliberative Demokratie und Abstimmungsdemokratie – Zur Idee der demokratischen Gerechtigkeit im europäisch-staatlichen Spannungs- feld, in: ders., Kosmopolitisches Staatsrecht – Grundidee Gerechtigkeit, Band 1, Zürich und Berlin 2005, S. 41 ff. 9 Vgl. hierzu Hans Herbert von Arnim, Volksparteien ohne Volk – Das Versagen der Politik, 2. Aufl., München 2009, S. 359 ff.; Otmar Jung, Grundgesetz und Volksent- scheid – Gründe und Reichweite der Entscheidungen des Parlamentarischen Rates gegen Formen direkter Demokratie, Opladen 1994.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.