Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

Budget, wichtige Bauvorhaben etc. zu beschliessen. Die Versammlung wurde durch ein feierliches Lied (das «Landsgemeindelied») eröffnet, das die Bürger gemeinsam sangen, und durch Eidesleistungen von Behörden und Bürgern.7Die Landsgemeindemänner trugen, als Stimm- ausweis und Symbol ihrer Bürgerpflichten, eine Waffe auf sich. Auf dem Degen meines Vaters war «suum cuique» eingraviert, auf dem meinen eine Stelle aus der Gefallenenrede des Perikles: «to eudaimon to eleu - theron» («sehet das Glück in der Freiheit»). Mein Vater war der Mei- nung, dass es nicht schade, wenn einige Stimmbürger auch über die Gerech tigkeitsformel von Justinian oder das Freiheitsbekenntnis des grossen Staatsmanns von Athen Bescheid wüssten. Die Landsgemeinde, von der ich hier spreche, ist mittlerweile abgeschafft. Die Urform der deutsch-genossenschaftlichen, aber auch im Staatsbild Rousseaus ver - ankerten (und der Schweiz zum Teil durch Frankreich nach der Revolu- tion aufoktroyierten) unmittelbaren Demokratie hat aber das Denken über Demokratie von vielen Schweizern bis auf den heutigen Tag geprägt. Die Stimmbürger, die ich noch immer vor Augen sehe, waren keine «Wutbürger» der heute verbreiteten Art, sie waren auch keine helden- haften «Mutbürger», sie waren einfach «ordinary people», mit einem «ordinary mind»; keine Experten, keine Philosophen, keine «Nobel- 108Daniel 
Thürer 7 An der Landsgemeinde des Nachbarkantons, Appenzell Innerrhoden, wurden in feierlicher Form Eide des «Landammanns» und des «Landvolkes» geleistet. Die besonders eindrucksvollen Formeln lauten wie folgt: Der stillstehende Landammann verliest folgende Eidesbelehrung: «Im Namen der Dreifaltigkeit. Amen. Ein jeder, der einen Eid zu schwören hat, soll wohl bedenken, welch ernste und ver- antwortungsvolle Sache dies ist. Er hat die drei Schwurfinger emporzuhalten, die ihn an die drei göttlichen Personen, zu denen er schwört, erinnern. Wenn nun jemand so gewissenlos wäre, einen falschen Eid, einen Meineid zu schwören oder etwas, das er eidlich versprochen und beschworen hat, nachher nicht zu halten, so solle er wissen, dass er eines der schwersten Verbrechen beginge. Wer wissentlich falsch schwört, der ruft Gott zum Zeugen der Lüge an, der verach- tet die Gerechtigkeit Gottes und macht sich schrecklicher Strafen schuldig, in die- sem und im jenseitigen Leben. Erstlich soll der Landammann schwören, die Ehre Gottes, sowie des Landes Nutz und Ehre zu fördern und den Schaden zu wenden, Witwen und Waisen und sonst männiglich zu schirmen und zum Rechten verhelfen zu wollen, so gut er könne und es ungefähr vermöge, jedermann zu richten, wie es ihm befohlen wird, nach den Rechten, wie sie ihm sein Gewissen weist, weder durch Wertgaben, Freundschaften, Feindschaften noch anderer Sachen willen, nur nach den Rechten und um den Lohn,
	        

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