Volltext: Beiträge zum liechtensteinischen Recht aus nationaler und internationaler Perspektive

Aussage des Staatsgerichtshofs ist wohl so zu deuten, dass er bei Vorlie- gen einer Konventionsverletzung in Einzelfällen die Wiederaufnahme eines innerstaatlichen Verfahrens auch ohne bestehende einfachgesetzli- che Regelungen direkt gestützt auf Art. 31 LV zulassen würde. Er stellt insoweit die Einzelfallgerechtigkeit über dogmatische Überlegungen. Es bleibt abzuwarten, wie der Staatsgerichtshof in Fällen entscheiden wird, wenn die vom EGMR festgestellte Konventionsverletzung durch eine Entschädigung nicht ausreichend wiedergutgemacht werden kann (so beispielsweise bei einem EMRK-widrigen Freiheitsentzug). In rechts- vergleichender Sicht zeigt sich, dass hier für die einzelnen Verfahrensar- ten auch verschiedene Regelungen denkbar sind; in erster Linie ist daher der Gesetzgeber gefordert, tätig zu 
werden.95 IV.Durchsetzung von Ansprüchen auf eine gerechte Entschädigung nach Art. 41 EMRK Art. 41 EMRK regelt den Anspruch auf gerechte Entschädigung. Unter der Voraussetzung, dass der EGMR eine Konventionsverletzung fest- stellt und dass das innerstaatliche Recht des beteiligten Vertragsstaates nur eine unvollkommene Wiedergutmachung für die Folgen dieser Ver- 101 
Innerstaatliche Durchsetzung der Entscheidungen des EGMR 95 Der Staatsgerichtshof sollte sich insbesondere davor hüten, für sämtliche Verfah- rensarten die generelle Möglichkeit der Wiederaufnahme zuzulassen. Gegen eine solche Tendenz spricht aber schon das Urteil StGH 2006/111. Der Staatsgerichtshof deutet darin an, dass er die Wiederaufnahme eines innerstaatlichen Verfahrens ohne Vorliegen einer expliziten gesetzlichen Regelung lediglich in Ausnahmefällen zulas- sen könnte, nämlich wenn «anders das Ergebnis unter Gerechtigkeitsaspekten scho- ckierend wäre» (StGH 2006/111, Urteil vom 3. Juli 2007, Erw. 5, S. 45, abrufbar unter <www.stgh.li>). Im Übrigen hat der Staatsgerichtshof in ebendieser Entschei- dung StGH 2006/111 festgehalten, dass es nicht Aufgabe des Staatsgerichtshofs sei, «anstelle des demokratischen Gesetzgebers gesetzgeberisch tätig zu werden» (StGH 2006/111, Urteil vom 3. Juli 2007, Erw. 5, S. 44, abrufbar unter <www.stgh.li>). Zur Problematik des Staatsgerichtshofs als Ersatzgesetzgeber siehe Herbert Wille, Ver- fassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein – Entstehung, Ausgestaltung, Bedeutung und Grenzen, in: Herbert Wille (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein, 75 Jahre Staatsgerichtshof, LPS 32, Vaduz 2001, S. 9 ff. (S. 51 f.); Herbert Wille, Probleme des gesetzgeberischen Unterlassens in der Ver- fassungsrechtswissenschaft/Landesbericht Liechtenstein für die XIV. Konferenz der Europäischen Verfassungsgerichte, 2008 in Vilnius (Litauen), EuGRZ 2009, 2009, S. 441 ff.
	        

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