Volltext: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags

setzesinitiativen «nur für den volksseitigen Teil im dualistischen Staats- aufbau verbindlich. Das heisst dass der Landtag und die Regierung sol- che Volksentscheidungen akzeptieren müssen und nicht abändern kön- nen»,124während der Landesfürst die Sanktion ohne Begründung ver- weigern kann (Art. 9 LV). Ein Beispiel aus der Praxis soll die Sanktionsverweigerung ver- deutlichen. Am 28. Juni 2011 hat der Landtag in öffentlicher Sitzung das Initiativbegehren zur Abänderung des Strafgesetzbuches («Hilfe statt Strafe») in Behandlung gezogen und abgelehnt.125Die Regierung wurde mit der Anordnung einer Volksabstimmung beauftragt, welche am 16. bzw. 18. September 2011 stattfand. Noch vor der Volksabstimmung gab der Erbprinz bekannt, für den Fall der Annahme das Gesetz nicht zu sanktionieren: «Aus all diesen Gründen werde auch ich den Initiativvor- schlag ablehnen, sollte ihn das Volk nicht ebenso wie der Landtag ableh- nen.»126Das Stimmvolk lehnte das Initiativbegehren mit 52,3 Prozent ab. Im Rahmen einer Nachwahlbefragung hat Marxer folgendes festgestellt: «Die Empfehlung des Fürstenhauses bei der Volksabstimmung und die angekündigte Sanktionsverweigerung des Erbprinzen hat die Stimmbe- teiligung bei der Volksabstimmung negativ beeinflusst, da von vielen ein Urnengang als sinnlos oder nicht mehr notwendig erachtet wurde.»127 Allerdings hat die angekündigte Sanktionsverweigerung «eher die ten- denziell Zustimmenden als die tendenziell Ablehnenden vom Urnen- gang abgehalten».128Der Landesfürst hatte mit der Drohung der Nicht- Sanktionierung starken Einfluss auf das Stimmvolk. Dadurch hat das Fürstenhaus seine Zurückhaltung bei Abstimmungen abgelegt und ein- deutig klargestellt, dass er von seinem Recht, Gesetze nicht zu sanktio- nieren, selbst dann Gebrauch machen wird, wenn das Stimmvolk ande- rer Meinung ist. Solche Interventionen in Volksentscheide laufen einer (direkten) Demokratie zuwider. Waschkuhn betitelt solche Interventio- nen als demokratietheoretische Konstruktionsfehler.129 88Direktdemokratische 
Elemente der Verfassung 124 Marxer, direkte Demokratie, S. 19. 125 LTP 2011, S. 885. 126 Ansprache Seiner Durchlaucht Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein anlässlich des Staatsfeiertages 2011 am 15.08.2011. Abrufbar unter <www.fuerstenhaus.li>, 27.12.2011. 127 Marxer, Umfrage, S. 10. 128 Marxer, Umfrage, S. 10. 129 Waschkuhn, 1993, S. 273.
	        

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