Volltext: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags

Die Abgeordneten wählten den Präsidenten aus ihrer Mitte (§ 1 Abs. 1 GOLT 1863). Er leitete die Geschäfte des Landtags und führte dessen Vorsitz (§ 12 Abs. 1 GOLT 1863). Der Vizepräsident wurde auf die gleiche Weise gewählt (§ 9 Abs. 1 GOLT 1863) und vertrat im Ver- hinderungsfalle den Präsidenten (§ 14 Abs. 1 GOLT 1863). Wünsche, Vorschläge und Anträge einzelner Landtagsmitglieder mussten dem Prä- sidenten schriftlich übergeben werden, der sie der Versammlung vorlas. Fand ein so gestellter Antrag die Unterstützung von wenigstens drei Ab- geordneten, dann musste er von einem Ausschuss behandelt werden (§12 Abs. 2 GOLT 1863). Die Abgeordneten hatten durch die Geschäftsordnung das Recht, Kommissionen durch geheime Wahl zu bilden, welche aus drei bis fünf Mitgliedern bestehen mussten (§ 17 Abs. 1, 2 GOLT 1863). Die Sekre- täre führten die Sitzungsprotokolle und fertigten die Entwürfe zu allen Aktenstücken, Berichten und Beschlüssen an, falls damit nicht Abge- ordnete beauftragt waren (§ 13 GOLT 1863). Im Jahre 1878 trat das «Gesetz über die Abänderung des Landtags- Wahlmodus» (Wahlmodus-AbänderungsG) in Kraft.37Das Land war von nun an in zwei Wahlkreise eingeteilt: Im Wahlkreis Oberland waren sieben, im Wahlkreis Unterland fünf Abgeordnete zu wählen. Dabei er- nannte der Fürst jeweils zusätzlich zwei Abgeordnete aus dem Oberland und einen aus dem Unterland, was ein Abgeordnetenverhältnis zwischen Oberland und Unterland von 9 zu 6 oder 60 zu 40 Prozent bedeutete (§55 Wahlmodus-AbänderungsG). Die Einteilung widerspiegelte nicht das Verhältnis der damaligen Einwohnerzahlen von Ober- und Unterland, sondern wurde als Min- derheitenschutz des Unterlandes eingeführt. Dieses Verhältnis war für die Unterländer Abgeordneten von grosser Bedeutung, da durch das 
2⁄3- Quorum die Anwesenheit von zehn Personen erforderlich war und so- mit die Unterländer Abgeordneten durch Fernbleiben das Zustande- kommen eines Landtagsbeschlusses verhindern oder durch Drohung mit einem Sitzungsboykott politischen Druck ausüben konnten. Diese Mit- tel hatten die Unterländer Abgeordneten zuvor nicht, was auch der An- stoss zu dieser Einteilung in zwei Wahlbezirke war. Denn die Einteilung 35 
Die Zeit zwischen 1862 und dem Ersten  Weltkrieg 37 Gesetz vom 19.02.1878 über Abänderung des Landtags-Wahlmodus (Wahlmodus- AbänderungsG), LGBl 1878, Nr. 2.
	        

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