Volltext: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags

Die Verfassung verwendet verschiedene Termini: in Art. 49 Abs. 4 «Behinderung» und in Art. 53 «Hindernis». Allerdings können die Aus- führungen in diesen Artikeln nicht isoliert betrachtet werden. Denn wä- ren die Bestimmungen des Art. 53 LV nicht in der Verfassung, dann wäre nirgends geregelt, wie bei einer «Behinderung» vorzugehen ist. Das heisst, dass Art. 53 LV die Bestimmungen des Art. 49 Abs. 4 LV konkre- tisiert. Vice versa gilt dasselbe, da allein durch Art. 53 nicht geregelt ist, wer überhaupt als Stellvertreter zu bestellen ist. Damit ist belegt, dass diese Termini und damit die Bestimmungen an sich nicht isoliert be- trachtet werden können. Anhand einer systematischen Auslegung dieser reziproken Begriffe im Zusammenhang mit der Erscheinungspflicht der ordentlichen Abge- ordneten kann deshalb der Schluss gezogen werden, dass nur dann ein Stellvertretungsfall vorliegt, wenn ein ordentlicher Abgeordneter phy- sisch nicht in der Lage ist, an einer oder mehreren Landtagssitzungen teilzunehmen; der Stellvertreter ist Ersatz bei konkreter physischer Ver- hinderung des ordentlichen Abgeordneten an einer Landtagssitzung.97 Gemäss Ritter sei aber der «in Art. 49 Abs. 4 LV verwendete Be- griff der ‹Behinderung› nicht gleichbedeutend mit jenem der ‹Verhinde- rung›. Dieser Begriff hat ausser den Fällen der physischen Verhinderung wie Krankheit oder Landesabwesenheit auch beispielsweise den Fall der Interessenkollision im Auge».98Gerade Letzteres scheint im täglichen Landtagsgebaren Usus zu sein, indem sich ordentliche Abgeordnete etwa ersetzen lassen, «wenn sie in einer Frage die Meinung der Fraktion nicht teilen».99Dieser Praxis muss entgegnet werden, dass ein stellver- tretender Abgeordneter einem ordentlichen Abgeordneten nicht gleich- gestellt ist, weil die Gleichstellung in der Praxis die völlige Gleichstel- lung in der Legitimation mit den vom Volk gewählten ordentlichen Ab- geordneten bedeuten würde.100Dies gilt es auszuschliessen, weil die ordentlichen Abgeordneten bei Landtagswahlen vom Volk gewählt wur- 145 
Parlamentarische Stellvertretung 97 Batliner, Zur heutigen Lage, S. 69. 98 Liechtensteiner Vaterland, 21.12.1987, S. 3, 5: Karlheinz Ritter war der damalige Landtagspräsident und hielt im Dezember 1987 eine Festrede zum 125-jährigen Be- stehen des Landtags. Dabei griff er auch die Problematik der stellvertretenden Ab- geordneten auf. 99 Allgäuer, S. 45. 100 Batliner, Zur heutigen Lage, S. 70.
	        

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