Volltext: Rechtliche Ausgestaltung, Arbeitsweise und Reformbedarf des liechtensteinischen Landtags

Andernfalls besteht die Gefahr, «dass ein der selbständigen Ent- scheidungsgewalt beraubter, von dem Willen eines anderen abhängiger Abgeordneter irgendwie eine capitis deminutio erleidet, die ihn letztlich zum Sendboten degradiert und seiner eigenen Werthaftigkeit und damit seines repräsentativen Charakters entkleidet».224 Die in der Verfassung festgehaltene Freiheit des Mandats kann aber die in der parlamentarischen Praxis übliche tatsächliche Bindung des Abgeordneten an die Fraktion und Partei nicht ausschliessen, weil «das theoretisch freie Mandat der Landtagsabgeordneten informell einem Fraktionszwang unterliegt. Es kommt nicht selten vor, dass die Fraktio- nen geschlossen abstimmen».225 Die Bindung der Abgeordneten an ihre Fraktion bzw. Partei wird im Landtag gepflegt, indem Abgeordnete nicht nur Repräsentanten des Volkes sind, «sondern sie sind auch zu Repräsentanten der Parteien ge- worden und diese erheben den Anspruch der Kontrolle gegenüber ihren Abgeordneten».226Verstärkt tritt dies dann in Erscheinung, wenn eine Partei die absolute Stimmenmehrheit hat. Üblicherweise ist sich eine sol- che Partei über einen Verhandlungsgegenstand intern einig, weshalb die Diskussion im Plenum von vornherein obsolet ist, da – ausser im Falle einer Verfassungsänderung – durch die Mehrheitsverhältnisse keine an- dere Partei die Chance hat, ihren divergierenden Standpunkt durchzu- setzen.227Gerard Batliner hält zur Parteipolitik fest: «Wahrhaftigkeit ist das Fundament des Umganges im öffentlichen wie im privaten Leben, lebenswichtig für die Demokratie. Sonst verpasst man einander und verpasst die Sache. Mir scheint, dass neue Formen des Wettbewerbs der Parteien gefunden werden müs- sen, mit intensiver Aufrichtigkeit, radikaler Sachlichkeit, mit Auf- einanderhören, mit Zusammenarbeit wie mit klarer Opposi- tion.»228 Indem die Abgeordneten in den Landtagssitzungen oft die Parteilinie vertreten, ist das Plenum zum Ort der Platzierung von Parteimei nungen 110Wählergruppen, 
Parteien und deren Rolle im Staat 224 Leibholz, S. 349. 225 Marxer, Parlamentarismus, S. 55. 226 Allgäuer, S. 70. 227 Siehe dazu die LTP des Jahres 2009. 228 Batliner, Liechtenstein, S. 130 f.
	        

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