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Meine lieben Damen und Herren, anzunehmen, dass die Exponate dieser Ausstellung
auf künstlerische Weise einen Lebenslauf aufzeigen, der auch ein innerer ist. Doch als
Nigg die Teppiche stiftete, herrschten politische wie geistige Umbruchszeiten.
Die erste Schenkung 1914 ging zwar mit einem Gedenken einher, aber zu vermuten
ist, dass noch anderes Anlass gab: Nigg lebt in Köln. Im August bricht der Erste Welt-
krieg aus. Während des ganzen Krieges wird er den Schulbetrieb aufrecht erhalten.
Als Liechtensteiner ist er nicht wehrpflichtig. Und wir kennen ihn zudem als Pazifisten.
Dafür sprechen nicht nur seine Wandbehänge zur Bergpredigt, sondern seine ganze
Lebenshaltung.
Die erste Schenkung geschieht angesichts eines drohenden Kriegs, viele seiner Schüler
und Kollegen werden fallen, die Monarchien untergehen. Gestiftet wird bekanntlich
auch, um eine Gefahr zu bannen, sich und anderen zum Schutze? Gab das Anlass zu
dieser unerwarteten Devotionsgabe? Es wäre gewiss im Sinn seiner Mutter gewesen -—
in ihrem Namen denn, und dies zwei Jahrzehnte vor Fürst und Papst. 1914 und 1919
— das sind also die Eckdaten. Und wie eine Bestätigung der zweite Teppich, den Nigg
1919/1920 ebenfalls Schaan zugedacht hat; es ist das Jahr nach dem unsinnig verhee-
renden Krieg. Damit wird der zweite Dux-Teppich zur Votivgabe.,
Im Kölner Dom gibt es noch heute einen Gedenkstein mit Lehrer- und Schülernamen,
die Namen der Gefallenen. Im Ersten Weltkrieg, dieser selbst entzündeten Hölle, fielen
allein 2 Millionen Deutsche.
Ausser diesen beiden Werken hat der Künstler (soviel bekannt ist) kaum je ein Bild-
werk, jedenfalls nicht in diesem Sinne, öffentlich gemacht. Und das ist nicht auf man-
gelnde Grosszügigkeit zurückzuführen, denn davon wurde ihm eher ein Übermass
attestiert. Dass er an diesem grossen Dux-Teppich während des Krieges stickte, ist
anzunehmen. Doch lassen wir das so im Raume stehen.
Und zur Schulgeschichte: erst nach langem Ausharren — Nigg hielt die Stellung im redu-
zierten, noch von Thormählen geleiteten Schulbetrieb, und erst nach langer Durststre-
cke — der Krieg hatte die Zusammenarbeit mit Handwerk und Industrie fast gänzlich
zum Erliegen gebracht — konnte 1919 der längst geplante, lang ersehnte Neubau zu
den späteren Kölner Werkschulen entstehen, und dies zeitgleich mit der Inbetriebnah-
me des in Weimar begründeten Staatlichen Bauhauses, das nun fortsetzte, was eine
Generation davor eigentlich schon mit ihren umstrukturierten Kunstgewerbeschulen