Nicht nur Johann Ferdinand Schlegel, sondern auch dessen Vater Franz
Josef Schlegel und dessen Bruder Johann Schlegel standen im Streit mit dem
Oberamt und mit den Ortsgerichten einzelner Gemeinden. Franz Josef
Schlegel hatte das Schreiben mitunterzeichnet, welches Volksdeputierte
am 1. Juli 1831 mit Klagen und Forderungen nach Wien geschickt hatten.
Darin wurde Kritik an der Person von Landvogt Peter Pokorny geäussert
und zudem eine freiere Richterwahl in den Gemeinden gefordert.“? Johann
Schlegel war am 8. März 1831 auf Verlangen der Gemeinde als Ortsrichter von
Triesenberg abgesetzt worden. Über die genannten Angehörigen der Familie
Schlegel hatten sich auch andere Gemeinden beschwert. Die Hofkanzlei in
Wien unterstützte diese Haltung einzelner Gemeinden, die fürstliche Behörde
stellte die Schlegel gar als «Verführer» dar.“ Es scheint, dass den eingesessenen
Bürgerfamilien im Vergleich zu den Hintersassen — insbesondere den
Angehörigen der Familie Schlegel — mehr Gehör geschenkt wurde.
4.3.2 DER EHEMALIGE GEMEINDEBÜRGER UND SÖLDNER
JOSEF ANTON HILTI
Josef Anton Hilti (1795—1838) hatte infolge seiner illegalen Auswanderung
aus Liechtenstein (1817) und seiner nicht bewilligten Eheschliessung in
Rom (1827)* seine Bürgerrechte in Schaan verloren.“ Mit Berufung auf das
Freizügigkeitsgesetz von 1810 forderte Josef Anton Hilti im Frühjahr 1832
die erneute Anerkennung als nutzungsberechtigter Gemeindebürger.“°
Zu seiner Auswanderung aus Liechtenstein im Hungerjahr 1817
bemerkte Hilti elf Jahre später vor dem Oberamt in Vaduz, dass er in einer
ausweglosen Situation gestanden habe. Ohne Beruf und ohne Unterstützung
durch seine Familie — die Mutter war verwitwet und hatte vier weitere Kinder —
hatte Hilti einzig eine Perspektive gesehen, indem er um einen Militär-
dienst im Ausland angesucht hatte. In Chur hatte er sich für Militärdienste
in Holland anheuern lassen, wo er bis 1825 im Dienst gewesen war. Bereits
in Holland hatte er die «ganz vermögenslose» Maria Barbara Seeger aus
Altenstadt (Vorarlberg) kennengelernt. Das Paar hatte in Liechtenstein
1825 keine Genehmigung zur Eheschliessung erhalten. In Luzern hatte
sich Hilti im selben Jahr für Militärdienste auf Sizilien anwerben lassen, wo
er bis 1827 als Wachmann tätig gewesen war. Maria Barbara Seeger hatte
(826 in Neapel die gemeinsame Tochter Maria Josefa Christina zur Welt
gebracht.” Das Paar hatte sich, nach Aussage Hiltis, am 24. Dezember 1827
in Rom kirchlich trauen lassen und war im Januar 1828 nach Liechten-
stein zurückgekehrt. Hilti war sogleich verhaftet worden, doch war er sich
bei der anschliessenden Einvernahme keiner Schuld bewusst: «Ohne an
die Gesetze des Landes zu denken, die ich eigentlich gar nicht kannte,
bemühte ich mich also, die Copulation in Rom zu erwürken und glaubte,
2 Gefordert wurde die freie Volkswahl eines
zusätzlichen Richters in den liechtensteini-
schen Gemeinden. Bisher gab es nur einen
Ortsrichter, der aus einem Dreiervorschlag
der Gemeinde vom Oberamt bestimmt
wurde. Rupert Quaderer: Jahre der
Retardation, Liechtensteins innenpolitische
Intwicklung 1815-1848, In: Arthur
Brunhart (Hg.}; Revolution 2000, 5. 61-76,
hier S. 69-70.
Rupert Quaderer: Politische Geschichte
‚969, 5. 86-88.
Zur Problematik der Rom-Ehen siehe
Ausführungen in Kap. 7.3.2.
LILA RC 65/19: Einvernahme des Josef
Anton Hilti wegen unerlaubter Auswande-
zung und Eheschliessung, 1828.
LI LA RC 24/5: Schreiben von Josef
Anton Hilti an das Oberamt in Vaduz,
29, März 1832.
Genealogische Angaben nach: Familien-
zuch Schaan 1560-1950 (Ms.), S. 90.
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