Volltext: "Aus Überzeugung, dass er der Gemeinde von grossem Nutzen seyn werde"

Lasten in Staat und Gemeinde zu entgehen. Für die Meldung von nicht 
bewilligten Auswanderungen gab es eine Belohnung. Unerlaubte Aus- 
wanderungen wurden mit dem Verlust aller bürgerlichen Rechte sowie mit 
der Beschlagnahmung des Vermögens bestraft.“! 
Das liechtensteinische Auswanderungspatent, das bis 1843 in Kraft 
blieb, fügt sich ein in die traditionelle österreichische Gesetzgebung. Die 
Förderung von Einwanderung bei gleichzeitiger Erschwernis oder gar 
Verhinderung von Auswanderung waren bereits «konstitutive Elemente des 
maria-theresianisch/josephinischen Reformabsolutismus», wie Hannelore 
Burger festhält.“ Kaiser Joseph II. hatte 1784 ein Auswanderungspa- 
tent für die österreichischen Erbländer erlassen. Auch hier drohten bei 
unerlaubter Auswanderung harte Strafen: der Verlust aller bürgerlichen 
Rechte sowie der Einzug des Vermögens.® 
Dieses Auswanderungspatent von 1809 war von traditionellem 
Denken geprägt. Das hohe Bevölkerungswachstum im frühen 19. Jahrhundert 
machte es dann 1843 nötig, die Auswanderung aus Liechtenstein nicht nur 
zu erlauben, sondern — in geordneten Bahnen — sogar zu fördern.“ 
3.2.3 DAS FREIZÜGIGKEITSGESETZ VON 1810 
% Ebd. 5.7. 
2 Hannelore Burger: Passwesen und Staats- 
5ürgerschaft. In: Waltraud Heindl, Edith 
Saurer (Hg,): Grenze und Staat 2000, 
5. 1172, hier 5. 132. 
3 £bd. 
% Vgl. Kap. 4.8: Das Auswanderungsgesetz 
von 1843. 
Freizügigkeitgesetz vom 22. Juni 1810, 
unter: www.Ilv.li/amtsstellen/Ilv-la-histori- 
sche_rechtsquellen.htm, eingesehen am 
12. September 2011. 
Zum Aspekt der «Gleichheit» vgl. Kap. 5, 
nsbesondere die Ereignisse rund um die 
1848er Revolution, 
Regina Wecker: Gemeindebürgerrecht und 
Staatsangehörigkeitsrecht 1999, 5. 14 
Das von Fürst Johann I. am 22. Juni 1810 erlassene Freizügigkeitsgesetz 
war ein schwerer Schlag gegen die überlieferte genossenschaftliche 
Gemeindeordnung. In der Einleitung zu diesem Gesetz heisst es sinngemäss, 
«die noch bestehende Gewohnheit» des Genossenschafts- und Bürgerein- 
kaufs in den Gemeinden sei mit den neu erlassenen Gesetzen nicht mehr 
vereinbar. Der Bürgereinkauf sei «umso schädlicher, als dadurch die 
zleichen Rechte der Unterthanen beschränkt werden». In acht Bestimmungen 
wurde «die ganze Freizügigkeit im ganzen Lande» beschlossen und geregelt.® 
Das Freizügigkeitsgesetz beinhaltete Elemente der Modernisierung wie 
Personenfreizügigkeit und rechtliche Gleichstellung. Eine Personenfrei- 
zügigkeit konnte traditionelle rechtliche Bindungen an einen Landesherrn 
oder an eine Dorfgenossenschaft aufweichen; eine rechtliche Gleichstellung 
beseitigte, zumindest als Absichtserklärung, Ungleichheiten in der 
3evölkerung innerhalb einer Dorfgenossenschaft.“® Es ging im Freizügigkeits- 
gesetz von 1810 aber primär um die Gleichstellung von gemeindefremden 
Liechtensteinern mit den Gemeindegenossen. Personenfreizügigkeit war in 
erster Linie im Land selbst zu realisieren, also zwischen den Gemeinden. 
Regina Wecker charakterisiert diese von der Obrigkeit auch in der Schweiz 
angestrebte Gleichstellung wie folgt: «Die Gleichheit der Staatsbürger 
vor dem Gesetz war ein Grundsatz, aus dem der moderne liberale Staat 
seine Legitimation ableitete.»*
	        

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