8.5 HANDWERKER UND GEWERBETREIBENDE
Bunt ist die berufliche Palette der Handwerker und Gewerbetreibenden,
die zwischen 1809 und 1918 in Liechtenstein als Staatsangehörige (sowie
als Hintersassen oder Bürger in einer Gemeinde) aufgenommen wurden.
Es waren dies zum Beispiel Töpfer, Ofenbauer, Schuster, Schneider, Müller,
Schreiner, Schmiede, Korbflechter, Kesselflicker, Sägenfeiler, aber auch
3äcker, Bierbrauer, Gastwirte und Handelsleute.'” Von diesen insgesamt
29 handwerklich und gewerblich tätigen Personen erhielten 18 (vorerst)
lediglich einen Hintersassen-Status. Bei sechs Personen, die in einer anderen
Gemeinde ein Heimat- beziehungsweise ein Bürgerrecht erlangten, handelt
es sich um Fälle von Binnenwanderung innerhalb Liechtensteins. In 15
dieser 29 Fälle war die Heirat das Motiv für die Niederlassung in einer
neuen Gemeinde. In einem besonderen Fall bezahlte ein Hintersasse in
ziner Gemeinde das Einbürgerungsgeld für seine Tochter.'®
Das nachfolgend zuerst skizzierte Fallbeispiel beschreibt das Schicksal
2ines Töpfers aus Oberösterreich, der am Anfang der 1840er Jahre nach
Liechtenstein kam. Im Jahr 1843 wurde er Staatsbürger und als heimat-
berechtigter Hintersasse einer Gemeinde zugesprochen, die sich jedoch
zegen die Aufnahme dieses Handwerkers wehrte. Der auf diese Weise
abgelehnte Töpfermeister liess sich. daraufhin in der Nachbargemeinde
nieder. Es entstand ein Streit zwischen den beiden Gemeinden um die
Zuständigkeit dieser Person. Infolge unglücklicher Familienumstände
wendete sich das Schicksal des Töpfermeisters und seiner Familie später
zum Schlechteren. Das Beispiel steht für rund die Hälfte der in Liechtenstein
als Staatsangehörige aufgenommenen Handwerker, deren Familien
längerfristig nicht in Liechtenstein Fuss fassen konnten. Bei der anderen
Hälfte hingegen konnten die neuen Hintersassen-Familien in Liechtenstein
zine längerfristige Lebensperspektive finden, ihre Nachkommen wurden —
spätestens nach Erlass des Gemeindegesetzes von 1864 — zu Bürgern in
‚hren Wohngemeinden.'”7
Drei weitere dargestellte Fallbeispiele stellen Gewerbetreibende vor,
die zuerst als Staatsangehörige und Hintersassen aufgenommen wurden
und erst später das Gemeindebürgerrecht an ihrem Wohnort erhielten.
Alle diese Gewerbetreibenden hatten Frauen aus ihrer Wohn- und späteren
Bürgergemeinde geheiratet.
Josef Emanuel Sieghart in Planken
Josef Emanuel Sieghart (1815—1882) erwarb im Jahr 1843 die liechtenstei-
aische Staatsbürgerschaft. Sieghart stammte aus Aschach an der Donau
Oberösterreich). Er war gelernter Töpfer. Als Geselle auf Wanderschaft
war er Ende 1840 oder zu Beginn des Jahres 1841 nach Liechtenstein
gekommen. Er fand sogleich eine Anstellung beim Ofenbauer Albert
% Zu einzelnen Handwerkerfamilien
‚nit nicht-sesshaftem Hintergrund
siehe ausführlich Kap. 7.
Vgl. Tabelle 10: Handwerker und
Gewerbetreibende.
Zu Angehörigen und Nachkommen der
zamilien Haas, Kirschbaumer und Knobel,
die zum Teil auf Dauer ein — wenn auch
arekäres — Auskammen in Liechtenstein
‚anden. siehe ausführlich Kan. 7
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