Volltext: "Aus Überzeugung, dass er der Gemeinde von grossem Nutzen seyn werde"

Klaus Biedermann: Das Gemeindebürgerrecht war sehr lange, in Liech- 
‚enstein gesetzlich bis 1864, an den Besitz eines Hauses oder an den 
Besitz von Boden gebunden. Es gab zu dieser Regelung nur einige wenige 
Ausnahmen, wie etwa Priester. Nach 1864 hat sich das ein bisschen 
zelockert, und «nur» noch die Führung eines eigenen Haushaltes war 
Voraussetzung für ein Gemeindebürgerrecht. Doch sowohl der Boden- 
besitz wie auch die Führung eines Haushalts sind stark mit der Ansässigkeit 
der Familien und Personen in einer Gemeinde verbunden gewesen. Die 
Gemeinden wollten nur Personen und Familien als Ansässige, die möglichst 
keine Kosten verursachten. Fast alle Menschen in Liechtenstein lebten 
bis ins spätere 19. Jahrhundert von der Landwirtschaft. Doch der Boden 
ist nicht vermehrbar, und in Zeiten von wirtschaftlichen Krisen und von 
Bevölkerungswachstum wollten die Gemeinden möglichst keine weiteren 
Personen aufnehmen, weil das zusätzliche Nutzniesser waren. 
Norbert Haas: Da war natürlich kaum noch Platz für Nicht-Sesshafte, auf 
welche die «Besitzenden» in den Gemeinden oft verächtlich hinabschauten. 
Deshalb war es für Angehörige und Nachkommen dieser Familien auch 
schwierig, in dieser sesshaften Gesellschaft Anerkennung zu finden. Ich 
habe selbst die Geschichte meiner Familie nie erforscht, doch einiges habe 
ich als Kind und Jugendlicher mitgekriegt. In meiner frühen Jugend — in 
den 1950er Jahren — war der Begriff «Hasenviertel» noch geläufig. Wer in 
diesem Viertel im Vaduzer Mühleholz gewohnt hat oder von dorther kam, 
der war im Dorf verfemt. Es genügte aber auch schon, «Haas» zu heissen. 
So angesehen in Vaduz ein Ospelt war, so im negativen Sinn gezeichnet 
war ein Haas. Das habe ich bereits als Kind gespürt, und dann auch noch, 
bis ich ins Gymnasium kam. Nachher hörte das für mich dann ein Stück 
weit auf, denn ich habe als jemand gegolten, von dem es landläufig heisst, 
«er isch an Gschiida» — und da hat man dann eine Ausnahme gemacht. 
Doch die Herkunft aus dieser Familie ist ein besonderes Merkmal geblieben. 
Mein Vater hat viel darüber erzählt. Heute hat sich das total geändert. 
Die Familie hat immerhin einen Erzbischof [Wolfgang Haas, * 1948] 
hervorgebracht. Aber ganz genau weiss ich es nicht, weil ich schon sehr 
lange nicht mehr im Land lebe. 
Wenn man sich die Berufe anschaut, die von Angehörigen der Familie 
Haas ausgeübt wurden, dann waren «seltsame» Tätigkeiten dabei: Kessel- 
Aicker, vielleicht auch Besenbinder, einfach Berufe, die der ehrbare Bürger 
zerne andere Leute machen lässt. Auch Gesundbeter und Heiler waren 
darunter. Noch auf meinen Vater [Simon Haas, 1913-1998], der Postauto- 
chauffeur war, sind die Leute zugegangen und haben ihn gebeten: Simon, 
kannst du mir nicht die Hand auflegen?
	        

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