Welti, seit Wochen in verdienstunfähigem und pflegebedürftigem Zustand
bei ihrer Tante Kreszentia Welti (verheiratete Marock) lebe. Daraufhin
genehmigte der Landesarmenfonds eine Unterstützung für Anna Maria
Welti in Höhe von fünf Gulden Reichswährung.?? Das Regierungsamt
in Vaduz verwies aber auch darauf, dass die Mutter Eva Welti von der
Gemeinde Eschen ein Grundstück erhalten habe, um sich und ihre Familie
durchzubringen.?° Deshalb seien die Mutter und auch die Gemeinde
Eschen zur Unterstützung der Kranken Anna Maria Welti verpflichtet.”
Die Gemeinde Eschen verweigerte die Unterstützung für Anna Maria
Welti mit dem Hinweis, dass diese 1837 als lediges Kind ihrer Mutter Eva
Welti — die damals eine Gemeindebürgerin von Mauren war — geboren
worden war und Gebhard Meyer bei seiner Heirat mit Eva Welti im Jahr
1845 sich nicht zur Vaterschaft bekannt hätte. Meyer habe lediglich die
Aufgabe eines «Nährvaters» übernommen.?? Damit stellte die Gemeinde
Eschen auch die Gültigkeit der im Jahr 1845 vereinbarten Übereinkunft
in Frage, demgemäss die unehelichen Kinder von Eva Welti und sie selbst
der Gemeinde Eschen als Heimatberechtigte zugeteilt worden waren.?®
Eine Nachfrage des Regierungsamts beim Pfarramt Mauren ergab,
dass beim Eintrag für Anna Maria Welti im Taufbuch tatsächlich zu lesen
war: «pater ignotus» (Vater unbekannt).?*“* Das Regierungsamt vertrat am
3. Februar 1859 den Standpunkt, dass Anna Maria Welti bei der Heirat
ihrer Mutter «in heimathrechtlicher Beziehung nach Eschen nicht gefolgt
ist, sondern ihr Angehörigkeitsrecht in der Geburtsgemeinde Mauren
behalten hat.» Zudem habe die Familie, durch den Hausbau in Schaanwald
‚Gemeinde Mauren) und die 1846 erfolgte Übersiedlung dorthin, bereits
«das Hintersassenrecht in der Gemeinde Mauren erworben», da ein mehr
als zehnjähriger ununterbrochener Aufenthalt in dieser Gemeinde vorliege.
Deshalb sei Anna Maria Welti definitiv eine Angehörige der Gemeinde
Mauren, und diese habe für die Erkrankte aufzukommen.*
Gegen diesen Entscheid legte die Gemeinde Mauren Rekurs ein. Die
Gemeinde berief sich auf das Übereinkommen von 1845, demgemäss Eva
Welti und ihre unehelichen Kinder der Gemeinde Eschen als Hintersassen
zugewiesen worden seien. Dies sei in der Oberamtskanzlei in Vaduz
entschieden worden mit Zustimmung der damaligen Ortsrichter von
Eschen und Mauren, was der noch lebende Maurer Altrichter Jakob Meier
mit seinem Eid bestätigen könne. Ausserdem habe die Gemeinde Eschen
für Eva und Anna Maria Welti im Jahr 1851 Heimatscheine ausgestellt.”®
Tatsächlich gab Altrichter Jakob Meier am 19. September 1859 eine schrift-
liche Bestätigung der im Jahr 1845 getroffenen Vereinbarung.”
Die Gemeinde Eschen leugnete die Existenz dieses 14 Jahre zuvor
vereinbarten Übereinkommens, «weil der Behauptung des Altvorstehers
Jakob Mayer nichts Urkundliches zum Grunde liege, und die Ausstellung
der Heimathscheine eine irrtümliche sey».?%® Tatsächlich liegen keine
%%9 | LA RC 107/128: Unterstützung für Anna
Maria Welti, Schaanwald; Schreiben des
Pfarramts Mauren an das Regierungsamt
in Vaduz, 6. September 1858; Antwort des
Regierungsamts Vaduz, 18. September 1858
3% 4[...] als Armengut ein Stück Riet [...].».
Vgl. LI LA RC 105/283: Schreiben
des Eschner Ortsrichters Johann Josef
Schafhauser an Eva Welt, 9. Dezember 1856.
91 {LA RC 107/128: Unterstützung für Anna
‚Maria Welti, Schaanwald; Dekret des Regie-
‘ungsamts Vaduz arı die Ortsvorstehungen
von Eschen und Mauren, 7. September 1858
0 | LA RC 107/128: Unterstützung für Anna
Maria Welti, Schaanwald; Schreiben des
Eschner Ortsrichters Ferdinand Marxer an
das Regierungsamt in Vaduz, 3. November
1858 und 24. Dezember 1858.
‘3 Zu dieser Übereinkunft siehe ausführlich
in Kap. 7.4.3.
4 | LA RC 107/128: Unterstützung für
Anna Maria Welti, Schaanwald; Auszug
aus dem Taufbuch der Gemeinde Mauren
angefertigt von Pfarrer Franz Josef Hagg.
13. Januar 1859.
ULLA RC 107/128: Unterstützung für Anna
Maria Welti, Schaanwald; Dekret des Regie-
rungsamts Vaduz an die Ortsvorstehungen
von Eschen und Mauren, 3. Februar 1859
% LI] LA RC 107/128: Unterstützung für
Anna Maria Welti, Schaanwald; Rekurs
der Gemeinde Mauren gegen den
Entscheid des Regierungsamts Vaduz,
14. Februar 1859. Es befinden sich Teile
3ines Heimatscheins in diesem Dossier,
allerdings fehlt derjenige Teil, der zu den
Personalien Auskunft geben könnte.
GAM 1/9/602: Haas-Oberhuber-Welti:
Austausch mit Eschen; nachträgliche
Bestätigung des im Jahr 1845 erfolgten Aus-
tauschvorgangs durch den Maurer Altrichter
Jakob Meier; Mauren, 19. September 1859.
0 1] LA RC 107/128: Streit um das Heimat-
‚echt und die Unterstützung für Anna
Maria Welti, Schaanwald; Bericht des
zegierungsamts Vaduz an die Hofkanzleı
n Wien (mit detaillierter Schilderung der
Vorgänge), 12. März 1860.
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