die Agatha Kirschbaumer wegen Betteln und geschäftslosen Herumvagie-
ren schon zweymal in Vorarlberg aufgegriffen und anher verschoben wurde,
überhaupt dürften die Verirrungen beyder dieser fraglichen Weibsbilder in
dem gänzlichen Mangel aller Erziehung hauptsächlich ihren Grund haben.»'“
Das weitere Schicksal von Agatha Kirschbaumer ist nur teilweise
bekannt.'® Sie gebar 1840 und 1841 die Söhne Johann und Nikolaus, die
als Säuglinge verstarben. Zum Vater ihrer Kinder liegen keine Angaben vor.'”
Nach ihrer gerichtlichen Verurteilung von 1838 hatte Agatha Kirschbaumer
wohl ihr Konkubinatsverhältnis mit Franz Josef Künzle beendet. Darauf
angesprochen, hatte sie nämlich im Dezember 1837 vor Gericht das
Folgende ausgesagt: «Ich kann zu meiner Entschuldigung nur anbringen.
dass mich mein Verhältnis von dem Kienzel ganz abhängig gemacht hatte.
Unerfahren noch, habe ich mich diesem Menschen hingegeben, der mich
zu den begangenen Fehlern verleitet hat.»'”'
fahre später stellte das Regierungsamt in Vaduz Reisepässe für
Agatha Kirschbaumer aus, und zwar 1849 und 1851. Als «Tagelöhnerin»
reiste Agatha Kirschbaumer am 5. Mai 1849 nach Vorarlberg. Dort wurde
sie in Thüringen am 31. Mai 1849 «wegen Bettel» aufgegriffen und nach
Liechtenstein zurückgeschoben. Mit einem neuen Reisepass zog Agatha
Kirschbaumer am 28. Mai 1851 nach Tettnang, wo sie vermutlich auch
als Tagelöhnerin oder Dienstmagd tätig war. Doch schon am 14. Juli 1851
wurde sie erneut nach Liechtenstein zurückgeschafft, «wegen Bettel
und unsittlichem Lebenswandel».!? Im Jahr 1857 verstarb Agatha
Kirschbaumer 43-jährig.'®
Anna Maria Kirschbaumer und ihre Nachkommen
Eine Schwester von Agatha Kirschbaumer war Anna Maria Kirschbaumer,
Sie gebar als ledige Frau elf Kinder. Deren Nachkommen trugen den
Familiennamen Kirschbaumer in Liechtenstein weiter.“ Josef Bauer, ein
Hintersasse aus Triesenberg, ist der Vater von mindestens sechs dieser elf
Kinder.!75 Bauer war «ein Schleifer von Profession, mit welcher er sich
allein kaum, geschweige denn mit Familie durchzubringen im Stande ist.
[Seine Aufführung] ist bekannt schlecht, da er mit einer Beihälterin ohne
Scham so viele Kinder erzeugt hat. [Und es ist] die A: Maria Kirschbaumerin
eine bekannte Bettlerin und schlechte Dirne, was ihr Concubinat und ihre
allgemeine kundig schlechte Aufführung beweiset.»'° Der Triesenberger
Alt-Richter Josef Anton Frommelt, der 1854 vor dem Regierungsamt in
Vaduz diese verurteilende Aussage machte, hatte eine Heirat von Anna
Maria Kirschbaumer mit Josef Bauer abgelehnt. Die Gemeinde Triesen-
berg wollte diese Familie nicht aufnehmen, weil sie der Gemeinde wohl
zur Last gefallen wäre. Josef Bauer äusserte sich wie folgt: «Allein in
meiner Gemeinde Triesenberg protestirte man gegen die Kirschbaumerin,
die nach Mauren gehört, und die Maurer wollten wieder mich nicht.»'”7
68 || LA RC 44/30: Aussagen des Ortsrich-
ters von Mauren vor dem Landgericht
in Vaduz, 27. August 1837,
69 Zu Franziska Haas und Benedikt Ober-
huber, die im Jahr 1845 heirateten, siehe
Ausführungen im nachfolgenden Kapitel
© Familienstammbuch Mauren 2004
Bd. 1,5. 123.
LI LA RC 44/30: Einvernahme der Agathe
Kirschbaumer vor dem Landgericht
Vaduz, 12. Dezember 1837.
7” LILA RC 85/64: Rückschiebungen der
Agatha Kirschbaumer nach Liechtenstein
1849 und 1851.
Hinweis auf ihren Tod in GAM VI.1:
Jahresrechnungen der Gemeinde
Mauren, Beilage zur Rechnung von 1857
Die Gemeinde Mauren übernahm die
Beerdigungskosten.
Familienstammbuch Mauren 2004, Bd
S. 122-125.
® [I LA J3/S 1854/26: Einvernahme des
Josef Bauer vor dem Regierungsamt in
Vaduz, 26. Oktober 1854. Bauer ist der
Vater der unehelichen Kirschbaumer-
Kinder Josef, Anton, Andreas, Anna Maria
Nikodemus und Rosina. Möglicherweise
war er auch der Vater der fünf weiteren
Kinder, von denen vier als Säuglinge
starben. Josef Bauer hatte 1835 vor der
Landgericht in Vaduz ausgesagt zu den
Diebstählen von Agatha Kirschbaumer,
Franz Josef Künzle, Franziska Haas und
Benedikt Oberhuber (LI LA RC 44/30).
% [] LA} 3/S 1854/26: Einvernahme des
Josef Anton Frommelt beim Regierungs
amt in Vaduz, 22. November 1854.
” ULLA J 3/S 1854/26: Einvernahme de‘
Josef Bauer vor dem Regierungsamt
in Vaduz, 26. Oktober 1854.
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