Volltext: "Aus Überzeugung, dass er der Gemeinde von grossem Nutzen seyn werde"

Der Abgeordnete Kirchthaler wehrte sich gegen die Worte Wolfingers: 
«Das Wort Vaduzer möchte ich mir verbeten, das ist nicht parlamentarisch. 
Wir vertreten nur das Land», und er schloss mit den Worten: «Es ist 
traurig, wenn sich der Blick eines liechtensteinischen Abgeordneten 
nicht über seine Gemeindemarkung zu erheben vermag.»''* Schliesslich 
befürwortete der Landtag mit neun zu vier Stimmen die Aufnahme der 
Hintersassen in das Gemeindebürgerrecht. Der eingangs erwähnte Para- 
graf 8 des Gemeindegesetzes wurde so genehmigt, wie er bereits im Entwurf 
formuliert worden war.!!4 
Diskussion über die Weitergabe des Bürgerrechts an uneheliche Kinder 
Der Landtag diskutierte ebenso kontrovers den Paragrafen 23 des Gesetzes- 
entwurfs, der festlegte, wie das Gemeindebürgerrecht erworben werden 
konnte. Der erste Abschnitt dieses Paragrafen bestimmte, dass «durch 
die Geburt von ehelichen Kindern der Gemeindebürger und heimatberech 
tigten Hintersassen, desgleichen von unehelichen Kindern der Gemeinde- 
bürgerinnen oder bisheriger heimatberechtigter Hintersassinnen» das 
Gemeindebürgerrecht erworben werde.‘ 
Bittsteller aus Balzers und Triesen wollten verhindern, dass uneheliche 
Kinder von Gemeindebürgerinnen durch Geburt das Bürgerrecht erwarben. 
Ihre Petition lag dem Landtag vor. Die Bittsteller argumentierten, dass 
wenn solches gestattet würde — auch die Unsittlichkeit gefördert würde. 
Die Kommission, welche das Gemeindegesetz vorbereitet hatte, verwies 
in der Landtagsdebatte vom 29. Februar 1864 darauf, dass es heutzutage 
üblich sei, den unehelichen Kindern von Gemeindebürgerinnen das Bürger- 
recht zu gewähren: «Man geht allgemein von der Ansicht aus, dass das 
uneheliche Kind die Rechte der Mutter erwirbt und nicht für die Vergehen 
derselben bestraft werden könne.»''° 
Wortführer der Gegner der Weitergabe des Bürgerrechts durch die 
Mutter an ihre unehelichen Kinder war der Balzner Pfarrer und Landtags- 
abgeordnete Anton Gmelch. Er sprach sich aus drei Gründen dagegen aus: 
«1.) Bin ich dagegen, da wir durch dieses Gesetz das einzige Hemmnis für 
etwas, was nicht sein soll, hinwegräumen. 2.) Bin ich dagegen, weil wir 
dadurch das sittliche Gefühl des Volkes, ich weiss nicht, soll ich sagen, 
angreifen, oder wenigstens gegen das sittliche Gefühl des Volkes uns aus- 
sprechen [...]. 3.) Bin ich gegen diesen Theil des $, weil er mir auch ein 
Recht anzugreifen scheint, nämlich ein Recht der Gemeinde. Die Gemeinde 
hat meiner Ansicht nach das Recht, auf keinem andern Wege Bürger zu- 
zulassen, als auf dem Wege, der recht und erlaubt ist [...] durch rechtmässige 
Geburt, durch Einkauf, durch nachfolgende Legitimation, durch Heirath; 
das sind die rechten Wege, auf denen wir den Gemeinden entgegen kommen 
können und sagen, sie sollen diese als ihre Bürger anerkennen. Die 
Gemeinden verpflichten auf einem Wege des Unrechts, der nicht erlaubt 
#3 | jechtensteinische Landeszeitung, Ausgabe 
Nr. 8, 9, April 1864, erste Beilage. 
1 GBI. 1864/Nr. 4: Gemeindegesetz vom 
24. Mai 1864, 8 8. 
1 Liechtensteinische Landeszeitung, Ausgabe 
Nr. 8, 9. April 1864, zweite Beilage. 
176 Ebd. 
14
	        

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