Gemeindegesetz von 1864 detailliert festgelegt. Die Rechte und Pflichten
waren — mit Ausnahme der Ausweitung des Stimm- und Wahlrechts auf
Liechtensteiner, die nicht in ihrer Bürgergemeinde wohnten — dieselben
peblieben wie im Gemeindegesetz von 1842.®
5.4.2 DAS GEMEINDEGESETZ VON 1864
2 Vgl. Kap. 4.5: Das Gemeindegesetz
/on 1842.
viste bei Paul Vogt: Landtag 1987, S. 188.
Seit der Aufklärung im 18. Jahrhundert
st die Aufteilung der Staatsgewalt
n eine gesetzgebende (Parlament),
/ollziehende (Regierung) und richterli-
che Gewalt zum Grundmerkmal eines
nodernen Staats geworden. Vgl. Konrad
zuchs, Heribert Raab (Hg.): Wörterbuch
2001, S. 293-294.
3evölkerungszahl von 1861. Vgl. Alois
Ospelt: Wirtschaftsgeschichte 1972,
5. 31; Peter Geiger: Geschichte 1970.
5. 304-307.
Vgl. dazu ausführlich in Kap. 3.2.4:
Jbernahme des Allgemeinen Bürgerlichen
Gesetzbuches von Österreich 1812.
Siehe Ausführungen zum 1864
erlassenen Gesetz über den Erwerb der
staatsbürgerschaft weiter unten.
3
A
Die Verfassung von 1862 hatte bestimmt, dass zwölf Landtagsabgeordnete
‚und fünf Ersatzabgeordnete) vom Volk — indirekt über Wahlmänner —
gewählt und drei Abgeordnete (und ein Ersatzmitglied) vom Fürsten ernannt
wurden. Fürst Johann II. bestimmte am 26. September 1862 die Geistlichen
Josef Anton Wolfinger und Anton Gmelch sowie Franz Josef Kind zu
Abgeordneten und Johann Georg Marxer zum Ersatzabgeordneten, Da
Wolfinger die Wahl ablehnte, rückte Marxer als ordentlicher Abgeordneter
aach. In den einzelnen Gemeinden erkorene Wahlmänner wählten am
24. November 1862 die übrigen Abgeordneten.” Darunter befanden sich
die Ärzte Karl Schädler und Christoph Wanger. Schädler stand dem
Landtag als Präsident vor, Wanger wurde Vizepräsident. Die vom Fürsten
ernannten Abgeordneten Marxer und Kind wurden zugleich als Landräte
Mitglieder der Regierung, der gewählte Abgeordnete Markus Kessler
übernahm zusätzlich das Amt des Landrichters. Es kann im Jahr 1862
damit nicht von einer Gewaltentrennung in Liechtenstein gesprochen
werden;* die Ämterkumulierung war auch bedingt durch den Mangel an
qualifizierten Personen in einem Kleinstaat von damals 7’394 Einwohne-
innen und Einwohnern. ®
Aufgrund der Bestimmung des seit 1812 in Liechtenstein geltenden
Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), wonach Beamte als
Staatsbürger zu betrachten waren, sassen drei aus dem Ausland nach Liech-
tenstein gekommene und hier tätige Personen im neuen Landtag: der vom
Fürsten ernannte Anton Gmelch, zugleich Pfarrer in Balzers, sowie die vom
Volk gewählten Abgeordneten Markus Kessler und Gregor Fischer. Pfarrer
Gmelch und Reallehrer Fischer stammten aus Bayern, der Jurist und Beamte
Kessler aus Sigmaringen. Vor ihrer Ernennung beziehungsweise Wahl hatte
Jürst Johann II. am 26. September 1862 angeordnet, dass bis zu einer
zesetzlichen Regelung die angestellten Beamten, Geistlichen und Lehrer
als Staatsbürger zu betrachten seien, sofern sie dies nicht schon waren. Dabei
serief sich der Fürst auf das ABGB, das die Staatsbürgerschaft den in
öffentlichem Dienst stehenden Personen automatisch zuerkannte.®® Erst
das 1864 genehmigte neue Gesetz über den Erwerb der Staatsbürger-
schaft schloss diese Möglichkeit zur automatischen Erwerbung der Staats-
oürgerschaft für die Zukunft aus.?” Gerade die beiden «Ausländer» Markus
Kessler und Gregor Fischer machten sich verdient um eine fortschrittliche