Volltext: "Aus Überzeugung, dass er der Gemeinde von grossem Nutzen seyn werde"

Heimatrecht der politischen Gemeinde verloren hätten. Eine solch harte 
Bestimmung widersprach indes dem im Verfassungsentwurf von 1848 
garantierten freien Niederlassungsrecht.““ 
Landesverweser Menzinger kritisierte die Tendenz der geplanten 
Gemeindeordnung, das Gemeindevermögen weiterhin einer «bevorzugten 
Klasse» von Vollbürgern zu sichern und die übrigen davon fernzuhalten. 
Menzinger wandte sich in seiner Stellungnahme vom 17. November 1849 
zudem gegen die vorgesehene Aufteilung in Bürgergemeinde und politische 
Gemeinde: Der Entwurf der Gemeindeordnung schaffe zweierlei Bürger, 
zweierlei Arme und doppelte Verwaltungskosten; die Ausweisungsbestim- 
mungen würden dazu führen, dass man bald viele heimatlose Liechten- 
steiner bekäme.“ Zum Vergleich: Zu diesem Zeitpunkt wurden im jungen 
schweizerischen Bundesstaat von 1848 intensive Anstrengungen unternommen, 
die heimatlose Bevölkerung rechtlich in die Bürgergesellschaft zu integrieren. 
Diese Bemühungen mündeten schliesslich in das Schweizer Heimat- 
losengesetz von 1850, das den Neubürgern allerdings auch keine Teilhabe 
am Bürgernutzen garantierte.“ 
Grundsätzlich befürwortete Landesverweser Menzinger in seiner 
Stellungnahme aber die gewünschte Gemeindeautonomie, die den Gemeinden 
weitgehende politische Rechte garantierte. Gemäss der geplanten Gemeinde- 
ordnung sollte auch jede Gemeinde ihre Vorsteher frei wählen und ihr 
Vermögen selbst verwalten können. Das freie Niederlassungsrecht von 
Auswärtigen in den einzelnen Gemeinden sollte ebenfalls gewährleistet 
sein. Dem Landesverweser war aber auch die gerechte Lastenverteilung 
unter den Gemeinden ein Anliegen. So wollte er, dass die neue Gemeinde- 
ordnung alle Gemeinden — nicht nur die Rheingemeinden — zur Tragung 
der Wuhrlasten verpflichtete. Auch Mauren, Planken, Schellenberg und 
Triesenberg hätten folglich hierzu einen Anteil zu leisten gehabt. Menzinger 
war aber auch Realist genug um zu erkennen, dass die Zeit für eine solche 
Gemeindeordnung noch nicht reif war.? 
Entwurf der Gemeindeordnung nach Schweizer Vorbild 
Vorbild für diesen nicht realisierten Entwurf einer neuen liechtensteinischen 
Gemeindeordnung war die Gesetzgebung in der Schweiz. Bereits zur Zeit 
der Helvetik (1798—-1803)% wurde in der Schweiz eine strikte Trennung 
zwischen der politischen Gemeinde (heute Gemeinde) und der Bürger- 
gemeinde (heute Bürgergenossenschaft) — zumindest auf Zeit — vollzogen.“ 
Endgültig verordnet wurde dies in der Schweiz aber erst in der revidierten 
eidgenössischen Bundesverfassung von 1874. Die Bürgergemeinden 
behielten ihren Grundbesitz mitsamt den damit verbundenen Nutzungs- 
rechten. Teilweise blieben sie auch für das Armenwesen zuständig. Die 
politische Gemeinde übernahm zusehends die öffentliche Verwaltung und 
wurde zur Einwohnergemeinde.” Zwar erstarkte nach Ende des helvetischen 
*% Peter Geiger: Geschichte 1970, S. 170. 
5 LI LA Schä U (Schädler Akten und 
Urkunden), 329: Bemerkungen von Landes- 
verweser Johann Michael Menzinger 
zum Entwurf der Gemeindeordnung, 
17. November 1849. 
© Vgl. dazu Ausführungen in Kap. 7.5: 
Bekämpfung der Nicht-Sesshaftigkeit, 
7 Peter Geiger: Geschichte 1970, 5. 172 
* Zeit der Helvetischen Republik, eines 
kurzzeitigen Satellitenstaats, der vom 
napoleonischen Frankreich abhängig war 
‘9 Silvia Arlettaz: Citoyens et &trangers sous 
la Röpublique Heivetique (1798-1803), 
Geneve 2005. 
© Andreas Ladner: Gemeinde (19, und 
20. Jahrhundert). In: HLS. Basel 2006
	        

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