DEMOKRATISIERUNG- UND REFORMPROZESSE
1848-1862/1864
Die folgenden Ausführungen befassen sich mit der politischen, wirtschaft-
lichen und gesetzgeberischen Entwicklung der Jahre von 1848 bis 1864.
Besonders die Ereignisse der Jahre 1848 und 1849 — gesehen im Kon-
text mit der europäischen Entwicklung — waren wegweisend für die
Demokratisierung des Landes sowie für die Gesetzgebung von 1862 und
1864. Peter Geiger bezeichnete das Jahr 1848 gar als «Geburtsjahr der
Demokratie in Liechtenstein».! Aber auch die Jahre 1862 und 1864
bedeuteten zwei Meilensteine in Bezug auf die demokratische Entwick-
lung Liechtensteins: Mit dem Erlass der Verfassung von 1862 wurde
Liechtenstein zur konstitutionellen Monarchie, 1864 folgten das neue
Gemeindegesetz sowie das neue Gesetz betreffend den Erwerb der liech-
tensteinischen Staatsbürgerschaft.”
Die neue Verfassung von 1862 schuf ein Parlament in Liechtenstein,
dessen Mitglieder mehrheitlich vom Volk gewählt wurden, wenn auch
indirekt über Wahlmänner. Die Verfassung war zudem Grundlage für die
Gesetzgebung in Liechtenstein in den Jahren nach 1862. Das erwähnte
Gemeindegesetz von 1864 sicherte die Gemeindeautonomie und gestat-
tete die Volkswahl der Ortsvorsteher und der Gemeinderäte. In Bezug auf
das Bürgerrecht hatte die 1864 erfolgte Verknüpfung des Staats- und des
Gemeindebürgerrechts eine zentrale Bedeutung: Jeder Staatsbürger ist
seither auch Bürger einer liechtensteinischen Gemeinde.
Peter Geiger: Der lange Atem der
Revolution von 1848 in Liechtenstein
Elf Thesen. In: Arthur Brunhart (Hg.):
Zevolution 2000, 5. 131-136, hier S. 132
Der Begriff «konstitutionell» bedeutet
verfassungsmässig. Im Gegensatz zu
einer absoluten Monarchie ist eine
konstitutionelle Monarchie eine an eine
Verfassung gebundene Monarchie. Vgl.
dazu Konrad Fuchs, Heribert Raab (Hg.):
Wörterbuch Geschichte, München 2001
< A428.