Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Staatsgerichtshof im weiteren Verlauf seiner Rechtsprechung zwar auf- gegeben,72stattdessen allerdings seine Aufmerksamkeit auf die inhalt- lich-materiellen Anforderungen an das grundrechtsbeschränkende bzw. den Grundrechtseingriff ermächtigende Gesetz gerichtet.73Hierauf ist sogleich zurückzukommen.74 Ein Gesetz im formellen Sinne als Legitimationsvoraussetzung ei- nes Grundrechtseingriffs verlangt der Staatsgerichtshof jedenfalls für (schwere) Beschränkungen der durch Art. 32 Abs. 1 LV gewährleisteten Privat- und Geheimsphäre.75 2.2Qualitativ-materielle Anforderungen Die ältere Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs war insgesamt durch eine prädominante Schrankenperspektive geprägt.76Dem lag eine Kon- zeption zugrunde, die die grundrechtlichen Gewährleistungen gleichsam von ihren gesetzlichen Einschränkungen her definierte. Ohne nähere Reflexion über die Legitimität der gesetzlichen Einschränkungen wur- den zahlreiche Verkürzungen grundrechtlicher Schutzgüter für zulässig erklärt.77Allerdings hält der Staatsgerichtshof inhaltliche Präzisierungen der Vorbehaltsgesetze für «wünschenswert».78 Im weiteren Verlauf seiner Judikatur rückt der Staatsgerichtshof je- doch qualitativ-materielle Anforderungen an die den konkreten Grund- rechtseingriff ermöglichenden gesetzlichen Grundlagen mehr und mehr in den Vordergrund. Die Grundrechte seien keine «rein programmati- schen Normen, über die der Gesetzgeber frei verfügen könnte».79Nicht 97 
Schranken der Grundrechte 72Siehe schon StGH 1963/1, Entscheidung vom 17.10.1963, ELG 1962–1966, S. 204 (206); ferner etwa StGH 1986/11, Erw. 4, LES 1988, 42 (48), wo es heisst, in die Handels- und Gewerbefreiheit könne «aufgrund einer gesetzlichen Grundlage ein- gegriffen» werden. 73Gerade im Blick auf Art. 36 LV siehe aus neuerer Zeit StGH 2006/44, Erw. 3 und 4, LES 2008, 11 (16). 74Dazu im folgenden Abschnitt 2.2. 75Siehe StGH 1987/16, nicht veröffentlichtes Urteil vom 3.5.1988; ferner aus jüngerer Zeit zum Bankgeheimnis – unter Bezugnahme auf Höfling, Grundrechtsordnung, S. 116 ff. – StGH 2005/50, Erw. 6, LES 2007, 396 (407). – Siehe auch noch bei Rz. 28. 76Hierzu näher Höfling, Grundrechtsordnung, S. 92 ff. 77Etwa im Blick auf die Handels- und Gewerbefreiheit; näher Höfling, Gewährleis- tung, S. 85; allgemein dazu ders., Grundrechtsordnung, S. 92 ff. 78StGH 1968/3, Erw. 6, ELG 1967–1972, S. 239 (243). 79So StGH 1985/11, nicht veröffentlichtes Urteil vom 5.5.1987, S. 5.27 
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