Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

ben sind, gefallen lassen.»52Indem der Staatsgerichtshof zur Herleitung einer entsprechenden ungeschriebenen Schrankenklausel auf verfas- sungsrechtlich statuierte Grundsätze (Art. 14 bzw. 35 LV) sowie auf den Schutz der Rechte Dritter53zurückgreift, bedient er sich weitgehend des grundrechtsdogmatischen Topos des kollidierenden Verfassungsrechts, den auch das Bundesverfassungsgericht zur Legitimierung von Be- schränkungen vorbehaltlos gewährleisteter Grundrechte verwendet.54 2.2Zu den Gesetzesvorbehalten der liechtensteinischen Verfassung Charakteristisch für die liechtensteinische Verfassung ist, dass ihre Grundrechtsgewährleistungen lediglich allgemein gefasste einfache Ge- setzesvorbehalte55enthalten.56Mit diesem Textbefund wird allerdings die verfassungsrechtliche Realität nicht angemessen erfasst. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die liechtensteinische Grund- rechtsordnung als ein «Mehr-Ebenen-Modell» verstanden werden muss.57Dabei spielen insbesondere die EMRK-Grundrechte eine auch in der Judikatur des Staatsgerichtshofs zunehmend wichtige Rolle.58Im vorliegend interessierenden Zusammenhang ist nun zu berücksichtigen, dass die EMRK-Grundrechte durchweg mit qualifizierten (materiellen) Schrankenklauseln versehen sind. Ein Textvergleich paralleler Grund- rechtsgewährleistungen der FL-Verfassung einerseits und der EMRK 94Wolfram 
Höfling 52So StGH 1960/8–10, Entscheidungen vom 6.10.1960, ELG 1955–1961, S. 151 (155); 161 (164) und 169 (171 f.); ferner z.B. StGH 1966/1, Gutachten vom 6.7.1966, ELG 1962–1966, S. 227 (228 f.); StGH 1977/9, Entscheidung vom 21.11.1977, LES 1981, 53 (54 f.). 53So in StGH 1966/1, Gutachten vom 6.7.1966, ELG 1962–1966, 227 (229). 54Zum Ganzen mit Nachweisen auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 87 und S. 177 f. 55Von verfassungsmässig gewährleisteten Rechten mit Gesetzesvorbehalt als Gegen- typus zu den sog. absoluten Grundrechten spricht der Staatsgerichtshof z. B. in StGH 1961/5, Erw. 2, ELG 1962–1966, S. 187 (189); vgl. ferner StGH 1972/1, Ent- scheidung vom 6.7.1972, ELG 1973–1978, S. 336 (340). 56Siehe hierzu Höfling, Grundrechtsordnung, S. 88 f. 57Dazu näher Höfling, Grundrechtsordnung des Fürstentums Liechtenstein, Rz. 5 ff. (S. 794 ff.). 58Das Fürstentum Liechtenstein hat am 8.9.1982 die EMRK ratifiziert (siehe LGBl. 1982/60); näher zur Bedeutung der EMRK für das Fürstentum Liechtenstein Höf- ling, Europäische Menschenrechtskonvention, S. 140 ff. 
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