Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

fehlen. Solche vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechte ermöglichen indes nicht unbegrenzte Freiheit. Ihre Begrenzung ist vielmehr möglich auf der Grundlage kollidierenden Verfassungsrechts.36Mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung37können kollidierende Grundrechte Dritter und andere mit Verfassungsrang ausgestattete Rechtswerte die Grund- lage für die Einschränkung von Grundrechten ohne explizite Schran- kenklauseln bieten.38Art. 36 Abs. 2 BV hebt ausdrücklich hervor, dass Einschränkungen von Grundrechten auch «durch den Schutz von Grund rechten Dritter gerechtfertigt sein» können. 2.Schrankensystematik der liechtensteinischen Verfassung Die Schrankenklauseln der Grundrechtsbestimmungen der liechtenstei- nischen Verfassung sind wenig ausdifferenziert und folgen vielfach einer überkommenen Begrifflichkeit. So werden unterschiedliche grundrecht- liche Schutzgüter z. B. gewährleistet –«unter Beobachtung der näheren gesetzlichen Bestimmungen» (Art. 28 Abs. 1 LV), –«innerhalb der gesetzlichen Schranken» (Art. 36 1. Halbsatz LV; Art. 41 LV), –«innerhalb der Schranken der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung» (Art. 37 Abs. 2 2. Halbsatz LV), –«innerhalb der Schranken des Gesetzes und der Sittlichkeit» (Art. 40 1. Halbsatz LV). Auch mit den «Schranken der Sittlichkeit» rekurriert die Verfassung auf nicht-rechtliche Normenkomplexe.39Ob und inwieweit damit wirklich Grundrechtseingriffe in einem freiheitlichen Verfassungsstaat gerecht- fertigt werden können, mag hier offenbleiben. In grundrechtsdogmati- 91 
Schranken der Grundrechte 36Dazu hier nur Papier, Grundrechte, Rz. 1 ff. 37Zur Notwendigkeit, die Verfassung «als Ganzes» auszulegen, siehe auch StGH 1982/39, LES 1983, S. 117 (118). 38So BVerfGE 28, 243 (261) – seitdem ständige Rechtsprechung. 39Ähnlich die Sittenklausel des Art. 2 Abs. 1 GG, die indes ihre Funktion nahezu völ- lig verloren hat; siehe hierzu Murswiek Dietrich, Art. 2 Rz. 94 ff., in: Sachs, Grund- gesetz Kommentar.15 16
	        

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