Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

zahlreiche Beispiele gibt.9Die Bedeutung der EMRK, welche in gewis- ser Hinsicht für die Grundrechtsdoktrin in Liechtenstein auch einen Pa- radigmenwechsel eingeleitet hat, wird von Hoch eindrucksvoll darge- stellt: «Erfolgte die Eingriffsprüfung bisher von den gesetzlichen Grundrechtsschranken her, ist nunmehr das Grundrecht selbst Aus- gangspunkt der Prüfung. Es gilt somit der Primat des Grundrechtsden- kens über das Schrankendenken.»10 Nicht selten finden sich in den Urteilen des Staatsgerichtshofes Be- zugnahmen auf eine Mehrzahl von ausländischen Höchstgerichten. In seinem Urteil StGH 2009/202 hat der Staatsgerichtshof beispielsweise bei der Frage nach der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden gegen die Verweigerung des Eintretens auf ein Asylgesuch, auf Judikatur des schweizerischen Bundesverwaltungsgerichts und des deutschen Bundes- verfassungsgerichts rekurriert.11 Die Rechtsprechung zum Gleichheitsgrundsatz zeigt hingegen Ele- mente der Rechtsprechung des österreichischen Verfassungsgerichtsho- fes («Gleiches ist gleich, Ungleiches ungleich zu behandeln.»), des schweizerischen Bundesgerichts (u. a. «Erfordernis von ernsthaften sachlichen Gründen») wie auch des deutschen Bundesverfassungsge- richts («Der Gleichheitsgrundsatz ist unter anderem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadres- saten anders behandelt wird, obwohl keine Unterscheide von solcher Art und solchen Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten.»12).13 Die Orientierung an der Rechtsprechung ausländischer Höchstge- richte erklärt sich nicht nur aus den verschiedenen Rezeptionsgrundla- gen, sondern auch damit, dass angesichts der vergleichsweise geringen Zahl der zu bearbeitenden Fälle die Entscheidungspraxis dieser Gerichte dem Staatsgerichtshof eine wesentliche Hilfe bei seinen eigenen Urteilen 861 
Die Beschwerde an den Staatsgerichtshof 9Vgl. etwa StGH 2011/90; StGH 2003/90 = LES 2006, 89; StGH 2004/74 = LES 2007, 9; StGH 2005/30 = LES 2007, 323; StGH 2005/97 = LES 2007, 95; StGH 2006/32 = LES 2007, 117. 10Hoch, Schwerpunkte, S. 73. 11Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2010, E-5841/2009, sowie Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 14. Mai 1996, BVerfGE 94, 166. 12StGH 2003/67. 13Vogt, Willkürverbot, S. 82 ff.13 
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