Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Zugänglichkeit des Staatsgerichtshofes für «Bagatellbeschwerden» ein- geschränkt. Zu guter Letzt macht der fehlende Anwaltszwang den Staatsgerichtshof für jedermann zugänglich. Das in Art. 43 LV verankerte Beschwerderecht ist daher durch den Staatsgerichtshof in umfassender Hinsicht gewährleistet. 2.Grundrechtsdogmatik des Staatsgerichtshofes Die Grundrechtsdogmatik des Staatsgerichtshofes orientiert sich we- sentlich an der Judikatur des österreichischen Verfassungsgerichtshofes wie des Schweizer Bundesgerichtes, auch abhängig davon, aus welchem Staat die – sofern vorhandene – Rezeptionsgrundlage stammt oder wel- cher Staat eine vergleichbare Grundrechtslage kennt. Als ein Beispiel für eine solche an die Rezeptionsgrundlage ange- lehnte Grundrechtsdogmatik kann StGH 2009/18 angeführt werden, worin der in Art. 27bis Abs. 1 LV verankerte Schutz der Menschen- würde unter Anlehnung an die Judikatur des Bundesgerichtes zu Art. 7 der schweizerischen Bundesverfassung interpretiert wurde.7 In nicht wenigen Fällen setzt sich der Staatsgerichtshof aber auch mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander, wobei er gelegentlich eine Übernahme von dessen Judikatur auch aus- drücklich ablehnt.8 Soweit es um die Interpretation der EMRK geht, die in Liechten- stein quasi Verfassungsrang geniesst, erfolgt eine Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR, wofür es in der Rechtsprechung des Staats- gerichtshofes seit 1982, als die EMRK für Liechtenstein in Kraft trat, 860Peter 
Bussjäger 7Konkret wurden BGE 132 I 49 E. 5.1. S. 55 und BGE 127 I 6 E. 5b S. 14 f. an geführt. 8Eine derartige ausdrückliche Ablehnung, sich der Meinung des Bundesverfassungs- gerichts anzuschliessen, findet sich in StGH 2010/24 Erw. 6: «Der Staatsgerichtshof geht, anders als wohl das (deutsche) Bundesverfassungsgericht nicht davon aus, dass der ‹Mittelbedarf› für eine effektive Aufsicht die Abgabenlast zum voraus hinrei- chend begrenzt (BVerfG, 2 BvR 852/07 vom 16. September 2009, E. III [...]).» Ähn- lich auch StGH 2008/2 und StGH 2009/18 hinsichtlich der Auffassung, dass die per- sönliche Freiheit im Sinne des Art. 32 Abs. 1 LV nicht im Sinne des Schutzes der allgemeinen Handlungsfreiheit zu interpretieren sei, anders als dies das Bundesver- fassungsgericht judiziere. Vgl. auch StGH 2008/63. Diese Urteile sind alle auf <www.gerichtsentscheide.li> sowie <www.stgh.li> zugänglich. 
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