Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Sobald aber Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass das EWR- Recht mit dem der EuGH-Rechtsprechung zugrundeliegenden EU- Recht 
nicht inhaltsgleichist, dass EuGH-Rechtsprechung aufgrund wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder technischer 
Entwicklungen überholt sein könnte oder dass die Rechtssache 
besondere Merkmale aufweist, welche sie von bereits entschiedenen Rechtssachen unterschei- det, ist eine solche Folgerung nicht sachgerecht. Im Zweifel ist eine Vor- lage an den EFTA-Gerichtshof schon im Blick auf die Souveränität der EWR / EFTA-Staaten geboten. Der EFTA-Gerichtshof muss nicht in erster Linie wegen seiner Spezialisierung und seiner Expertise angerufen werden, sondern aus 
Rechtsgründen. Wenn nationalen Höchstgerichten erlaubt würde, nach Belieben Alleingänge zu machen, so bestände 
die Gefahr der Fragmentierungund Renationalisierungdes EWR-Rechts. Für den (seltenen) Fall, dass der EFTA-Gerichtshof eine Vorabentschei- dung erlässt und der EuGH vor der Entscheidung des Falles durch das nationale Gericht in einem vergleichbaren Fall zu einem anderen Ergeb- nis kommt, wird man annehmen müssen, dass das nationale Gericht dem EFTA-Gerichtshof nochmals vorzulegen hat. In der Liechtensteiner Li- teratur ist die Auffassung vertreten worden, der EFTA-Gerichtshof sollte das Vorlagerecht als eine Vorlagepflicht der nationalen Gerichte der Mitgliedstaaten auslegen. «Die Möglichkeit, dass ein nationales Ge- richt dem EFTA-Gerichtshof eine Frage zur Auslegung vorlegen ‹kann›, wird dann zum ‹muss›.»25 Schliesslich wurde die Frage gestellt, ob die 
ESAgegen einen EWR / EFTA-Staat vorgehen könnte, dessen letztinstanzliche Gerichte von Vorlagen systematisch absehen.26Dass ein systematisches Agieren an- ders zu bewerten ist als ein gelegentliches, kann nicht bezweifelt werden. Es genügt, auf das dialektische Prinzip des Umschlagens von Quantität in Qualität hinzuweisen.27Notfalls sollte eine Änderung des ÜGA ins Auge gefasst werden.28 788Carl 
Baudenbacher 25Anton Schäfer, Die Prozesskostensicherheit – eine Diskriminierung?, in: LJZ 1/06, 17, 32. 26Vgl. Halvard H. Fredriksen, The two EEA Courts – a Norwegian perspective, in: Judicial Protection in the European Economic Area, Stuttgart 2012 (im Druck). 27Vgl. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Vorlesungen. Ausgewählte Nachschriften und Manuskripte 7, Hamburg 1989, 170 (im Kapitel Griechische Philosophie, 1. Teil). 28Vgl. Johannes Gasser, Individualrechtsschutz im EWR, Vaduz 2003, V. 15
	        

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