Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

ob sie vorlegen oder nicht, keineswegs frei. Danach verstösst ein natio- nales letztinstanzliches Gericht, das ohne sachliche Gründe auf eine Vor- lage verzichtet, gegen das in Art. 3 EWRA verankerte 
Loyalitätsgebot.20 Das ÜGA muss im Lichte des höherrangigen EWRA interpretiert wer- den. Dass Art. 3 EWRA auch die nationalen Gerichte bindet, steht aus- ser Frage.21Zu beachten ist auch, dass das EWRA auf dem Prinzip 
der Reziprozitätbeim Zugang zur europäischen Justiz fusst.22EWR / EFTA- Bürger und Wirtschaftsakteure profitieren von der Vorlagepflicht der letztinstanzlichen Gerichte im EU-Pfeiler.23Die letztinstanzlichen Ge- richte der EWR / EFTA-Staaten dürfen daher nur dann von einer Vor- lage absehen, wenn 
kein vernünftiger Zweifelüber die richtige Ausle- gung der in Rede stehenden EWR-rechtlichen Normen besteht.24Dabei ist natürlich neben der Rechtsprechung des EFTA-Gerichtshof die des EuGH zum parallelen EU-Recht oder zum EWR-Recht relevant. Ab- zulehnen ist allerdings die Auffassung, auf eine Vorlage an den EFTA- Gerichtshof könne immer dann verzichtet werden, wenn es Rechtspre- chung des EuGH gibt, weil der Fall dann einfach unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung zu entscheiden sei. Das kann nur dort gelten, wo die Relevanz einer klaren Rechtsprechung des EuGH unzweideutig ist. 787 
Grundfreiheiten und Grundrechte im EWR-Recht 20Vgl. Skúli Magnússon, Málskot ákvarðana um að leita ráðgefandi álits EFTA-dóms- tólsins frá sjónarhóli EES-réttar, Úlfljótur, 1. ed. (2009), 5, 14–15; ders., On the Aut- hority of Advisory Opinions. Reflections on the Functions and the Normativity of Advisory Opinions of the EFTA Court, in: Europarättslig Tidskrift 2010, 528, 538 ff.; Anton Schäfer, Die Prozesskostensicherheit – eine Diskriminierung?, in: LJZ 1/06, 17, 32; Carl Baudenbacher, The EFTA Court in Action – Five Lectures, Stutt- gart 2010, 21 f.; ders., Some Thoughts on the EFTA Court’s Phases of Life, in Judi- cial Protection in the European Economic Area, Stuttgart 2012 (im Druck); Si- gurður Líndal and Skúli Magnússon, Réttarkerfi Evrópusambandsins og Evrópska efnahagssvæðisins – Megindrættir, Reykjavík 2011, 156; Georges Baur, Kohärente Interpretationsmethode als Instrument europarechtskonformer Rechtsanwendung – eine rechtspolitische Skizze, in: 25 Jahre Liechtenstein-Institut (1986–2011), Schaan 2011, 47, 65; John Temple Lang, The Duty of National Courts to provide Access to Justice in the EEA, in: Judicial Protection in the European Economic Area, Stuttgart 2012 (im Druck). 21Vgl. dazu statt vieler Sven Norberg et al., The European Economic Area, EEA Law: A Commentary on the EEA Agreement, Stockholm 1993, 101. 22Begründungserwägung 4 der Präambel zum EWRA. 23Vgl. dazu das auf Vorlage des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs ergangene Urteil des EuGH in Rs. C-452/01 Margarethe Ospelt und Schlössle Weissenberg Familienstiftung, Slg. 2003, I-9743. 24Vgl. dazu CILFIT-Urteil des EuGH, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415, Rz. 17 ff.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.