Volltext: Grundrechtspraxis in Liechtenstein

Auch gemäss österreichischem Staatsrechtsgrundgesetz ist nach herrschender Lehre mit der Vereinsfreiheit des Art. 12 StGG, wonach die österreichischen Staatsbürger das Recht haben, sich zu versammeln und Vereine zu bilden, zugleich die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, eingeschlossen das Recht zur Setzung kollektiver Massnahmen und zu Arbeitskampf, geschützt, wobei die Ausübung die- ser Rechte durch besondere Gesetze geregelt wird. Aufgrund des Geset- zesvorbehalts wird zu Recht davon ausgegangen, dass dem Gesetzgeber hinsichtlich der Regelung der Zulässigkeit einzelner Massnahmen eine beachtliche Gestaltungsfreiheit zukommt.69 Dabei ist zu beachten, dass auch Verfassungen, die ausdrücklich zum Arbeitskampf Stellung nehmen, differenzierte Gewährleistungen enthalten. Rechtsvergleichend Gewinn ziehen lässt sich hier aus einem Blick auf die deutsche und die schweizerische Lösung. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland regelt die Ver- einigungsfreiheit in ihrer allgemeinen Form in Art. 9 Abs. 1, der be- stimmt, dass alle Deutschen das Recht haben, Vereine und Gesellschaf- ten zu bilden, und in Art. 9 Abs. 3 1. Satz GG in ihrer besonderen Form als Koalitionsfreiheit, wonach das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, für jedermann und für alle Berufe gewährleistet ist. Nach Art. 9 Abs. 3 2. Satz GG sind Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, nichtig und hierauf gerichtete Massnahmen rechtswidrig. Nach einhelliger Praxis und Lehre beinhaltet die in Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Koalitionsfreiheit auch die Betätigung der Koalitio- nen und damit auch die Zwangsmittel, namentlich den Streik. Im Vor- dergrund der Bindungen der Koalitionen bei Arbeitskampfmassnahmen steht die analoge Geltung des im Polizeirecht entwickelten Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Demnach müssen Arbeitskampfmassnahmen «‹ultima ratio› sein, nachdem alle anderen Verständigungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, was voraussetzt, dass überhaupt Verhandlungen auf- genommen wurden. Der Ultima-Ratio-Gedanke gilt auch für die Durchführung des Streiks bzw. allgemein die Dosierung von Arbeits- 770Klaus 
A. Vallender / Hugo Vogt 69Walter / Mayer / Kucsko-Stadlmayer, Grundriss, S. 738. Folgt man Öhlinger, Verfas- sungsrecht, S. 410, ist strittig, inwieweit ein Streikrecht verfassungsrechtlich garan- tiert ist. 
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